Dienstag, 7. März 2023
Co2-Ablasshandel
Für die kommenden Ferien im Mai suchte ich eine Transportmöglichkeit für mich, mein Fahrrad und etwas Gepäck. Ich will nur eine Strecke (also nicht hin und zurück) von Zürich nach Ancona in Italien buchen. Idealerweise mit dem Zug. Von Zürich nach Mailand wäre dies möglich, da es eine Schnellzugverbindung mit begrenzter Anzahl an Fahrradmitnahme gibt. Doch dann wird es schwierig. Von Mailand über Bologna nach Ancona fährt ebenfalls ein Schnellzug, doch der bietet keine Fahrradmitnahme an. Mit Regionalzügen muss man mindestens zwei Mal umsteigen und die Reise dauert dann eine kleine Ewigkeit.
Ich bin kein Fan von Flixbus, doch da kann ich in Zürich einsteigen und elf Stunden später in Ancona aussteigen. Das kostet inklusive Fahrrad kaum fünfzig Schweizer Franken. Das ist einfach unschlagbar günstig. Na denn... buchen!
Während dem Buchungsvorgang wird man gefragt, ob man die Fahrt mit Co2-Zertifikaten kompensieren will. Ja, finde ich eine gute Idee (zumindest für mein Gewissen). Also angekreuzt, den Velotransport und den Sitzplatz reserviert und dann ab zur Kasse. Da war ich dann erst erstaunt und dann etwas verärgert. Quizfrage: Was kostet wohl die Co2-Kompensation für die anstehenden 700 Kilometer?
Ich wäre gewillt, bis zu 20 Franken für ein besseres Gewissen zu bezahlen...
Aber es kostet: 59 Rappen! 😲 Also sozusagen: Nichts! Müsste man da den Prozess nicht umkehren? Die Kompensation als Standard vorgeben und wer das nicht will, soll es abwählen?
Irgendwie ist das ein schlechter Witz. Der Autobus bietet Platz für knapp 50 Personen. Wenn jeder eine Co2-Kompensation bezahlen würde, käme ein Gesamtbetrag von knapp 30 Franken zusammen. Und damit soll die Umweltverschmutzung für 700 Kilometer Autobus wettgemacht werden? Das kann ich wirklich nur schwer glauben.... Kurz googeln: 1 Tonne Co2 kompensieren kostet um die 95 Franken. Flixbus sagt, dass ein Kilometer pro Person 26 Gramm Co2 verursacht. Also: 700km x 0.026kg x 50 Personen = 910kg Co2 -> 95 Franken x 0,91 Tonnen = Fr. 86.45.
Hmmm 🤔 Irgendwie liegen Fr. 30 und 86.45 doch ziemlich weit auseinander... 🙄 Was stimmt hier nicht?
Hier mal ein geklautes Zitat:
Laut ifeu-Studie stößt ein Fernlinienbus 23 Gramm CO2 pro Personenkilometer aus. Bei der Bahn sind es im Fernverkehr 35 Gramm, während der Pkw auf 137 und der Inlandsflug auf 245 Gramm kommen.
Also liegt Flixbus mit seiner Angabe von 26 Gramm wohl nicht allzu weit daneben. Das Problem ist, dass 26 Gramm x 700 Kilometer 18,2 Kilogramm Co2 pro Fahrgast ergeben, was bei Fr. 95 pro Tonne dann rechnerisch Fr. 1,73 pro Fahrgast entspricht und nicht Fr. 0.59. Also 3x mehr, als einem von Flixbus berechnet wird. Da stellt sich nun die Frage, weshalb Flixbus falsch rechnet oder Co2 3x günstiger kompensieren kann, als die Zertifikate in Wahrheit kosten. Hmmm... 🤔 Das ist wohl eines der Geschäftsgeheimnisse...
Ich muss gar nicht weiter darüber nachdenken! Der ganze Co2-Zertifikats-Ablasshandel ist so oder so ein schwachsinniges Konzept. Man kann ausgestossenes Co2 nicht wegkaufen und ungeschehen machen. Man muss es vermeiden - alles Andere ist Augenwischerei. Oder eben nur eine Beruhigung des schlechten Gewissens.
Ganz abgesehen davon, dass immer wieder erhebliche Zweifel an den Projekten aufkommen, die mit diesen Co2-Zertifikaten finanziert werden. Einerseits bietet das ganze Geld viele Korruptionsmöglichkeiten und andererseits können viele Projekte gar nie den erwarteten Nutzen erzielen. Es müssen nicht nur Bäume gepflanzt werden, sie müssen auch gepflegt werden, damit sie wachsen können um dann in ein paar Jahren mal Co2 aus der Atmosphäre zu binden (nur mal so als Beispiel).
Ach, komm! Mach die Augen zu! Der Bus würde auch ohne mich fahren und genauso viel Co2 ausstossen... 🙄 Und wenn das obige Zitat nur ein Körnchen Wahrheit beinhaltet, gibt es gar keinen umweltverträglicheren Transoprt als mit dem Fernbus (was ich immer noch kaum glauben kann).