Ende März
So, der erste Monat als Velotaxifahrer ist vollbracht. Es war ein anstrengender Monat, was man auch an den sehr wenigen Beiträgen hier im Blog erkennen konnte.
Zuerst ein paar Zahlen: Ich war an 19 Tagen in der Stadt unterwegs. Insgesamt war ich dabei 137 Stunden präsent, was etwa 7 1/2 Stunden pro Tag entspricht. Ziemlich genau 100 Stunden davon war ich in Bewegung, die restliche Zeit machte ich Pause und wartete auf mögliche Kunden. Total 870 Kilometer legte ich mit meinem Velotaxi zurück. An den zwei schlechtesten Tagen hatte ich nur je eine bezahlte Fahrt. Meist waren es zwischen 4 und 6 Fahrten pro Tag, am besten Tag waren es 9. Dass ich damit nicht reich wurde kann man sich vorstellen, doch dass das Ganze eine Anlaufzeit braucht, sollte auch klar sein.
Die körperliche Belastung kriege ich langsam in den Griff, was heisst, dass ich mich an die schwere Rikscha gewöhne und abends nicht mehr so ganz fertig bin. Etwas unterschätzt habe ich die mentale Beanspruchung. Es braucht viel Energie und eine durchwegs positive Einstellung und den ganzen Tag mit einem freundlichen Lächeln im Gesicht herumzufahren und Kunden zu suchen. Schwierig sind dabei natürlich vor allem die Tage, wo es zwar viele Leute in der Stadt hat, kaum jemand jedoch zusteigen will. Das zerrt dann schon an der positiven Grundhaltung.
Nach diesen vier Arbeitswochen habe ich leider noch kein wirkliches Erfolgsmuster entdecken können. Bis jetzt habe ich noch nicht den idealen Standplatz gefunden, wo man immer wieder Gäste findet. Eigentlich begegne ich den Kunden immer zufällig. Zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort, die richtigen Menschen anzutreffen, das war es bis jetzt. So gesehen waren eigentlich fast alles Zufallstreffer.
Natürlich -und zum Glück- gibt es auch Wiederholungstäter. Einen Vater mit seiner Tochter konnte ich schon vier Mal fahren und beide hatten immer wieder Freude dabei. Solche Kontakte sind natürlich schön und über die kommenden Monate erhoffe ich mir natürlich, dass Stammkunden zunehmen werden.
In den kommenden Wochen muss ich meine Werbeaktivitäten weiter verstärken. In einer ersten Phase habe ich fast 80 Briefe mit Flyer an Freunde und Bekannte verschickt. Diese Woche nun begann ich Hotels anzufahren um Flyer in der Lobby auflegen zu lassen. Touristenrundfahrten sind wirtschaftlich interessant und zudem habe ich auch festgestellt, dass Ausländer generell dem Rikscha-fahren gegenüber offener sind, als Schweizer. Einheimische und vor allem Städter sind sich gewohnt zu laufen oder nehmen das Tram. Für sie gibt es nicht viele Gründe um in eine Rikscha einzusteigen.
Natürlich muss ich auch noch ein paar Worte über das Wetter verlieren, denn die letzten Wochen waren schlicht und einfach perfekt. Ich sah keinen einzigen Regentropfen und je besser das Wetter ist, desto mehr Menschen bewegen sich natürlich auch in der Stadt. Ausserdem ist die Fahrt in der Rikscha ziemlich windig und deshalb kann es eigentlich gar nicht zu schön oder zu warm sein. Leider sieht nun der Wetterbericht für die kommende Osterwoche nicht wirklich toll aus. Mittwoch und Donnerstag soll es regnen und die Temperaturen wieder in den einstelligen Bereich fallen. Ich weiss noch nicht so genau, wie ich dieser Situation begegnen soll. Zwar kann ich die Fahrgastkabine mit einem Regenverdeck ziemlich vollständig verschliessen, doch ob dann noch jemand zusteigt? Zumal es schon jetzt einigen Leuten unangenehm ist, dass ich mich für sie abstrample. Sitze ich dann noch vorne im Regen... mal schauen.
Gespannt bin ich auch, wie sich die nun ins Geschehen eingreifende Konkurrenz von Rikscha-Taxi-Zürich auswirken wird. Im positiven Fall belebt Konkurrenz den Markt, weil das Ganze nicht mehr ganz so exotisch wirkt. Vielleicht kann man sich ja auch ergänzen.
Die wirklichen Aufsteller waren bisher alle Begegnungen mit Menschen. In erster Linie natürlich mit Kunden die mitgefahren sind, doch genau so interessant waren auch alle Begnungen mit Betreibern von Kiosken, Wurstbuden, Glaceständen, von Restaurants und sonstigen Geschäften, vor denen ich immer wieder zu sehen bin. Es waren durchwegs freundliche und hilfsbereite Kontakte, die sich in Zukunft bestimmt noch vertiefen werden. Das ist eine ganz andere Welt als die Büro- und Technikwelt, aus der ich komme.
Ganz wichtig wird sein, durchzuhalten und sich nicht entmutigen zu lassen. Dafür muss ich abends und an den freien Tagen meine mentalen und körperlichen Batterien wieder völlig aufladen können. Es wird noch Monate brauchen, bis es wirklich rund läuft und diese Monate werden weiterhin hart bleiben. Ja, ich muss dran bleiben! Als kleine Unterstützung klebte ich mir eine goldene Glückskatze an die Rikscha. Sie soll mir Kunden heranwinken... vielleicht hilft es ja.