Streetparade 2015
Dieses Jahr fand die Streetparade 3 Wochen später als üblich statt, weil auf die Sanierung der Quaibrücke und der Tramhaltestelle Bellevue Rücksicht genommen werden musste. Trotzdem kann man sich auf eines verlassen: Das Wetter wird schön und heiss! Ja, auch gestern Nachmittag war es über 30° Grad und ein perfekter Sommertag. Also ideal für die fast 1 Mio. Besucher, die ans Seebecken von Zürich pilgerten.
Im Vorfeld hatte ich etwas gemischte Gefühle. Einerseits ist die Streetparade-Nacht eine der wirtschaftlich am interessantesten, andererseits ist die ganze Sache körperlich und vor allem auch mental ziemlich herausfordernd und anstrengend. All die vielen Leute, viele nicht ganz nüchtern, dazu schwierige Strassenverhältnisse mit vielen Glasscherben, das verlangt einfach immer volle Aufmerksamkeit. Man muss versuchen die Situation stets einzuschätzen, den Überblick zu behalten um gefährliche Situationen unbedingt zu vermeiden. Das lernten mich die letzten drei Jahre, an denen ich auch schon mit der Rikscha an der Streetparade unterwegs war.
Eigentlich wollte ich erst gegen Abend loslegen um dann möglichst die ganze Nacht durchzufahren. Doch am Morgen bestellte noch jemand eine einstündige Fahrt durch die rückwärtigen Stadtgebiete, so dass ich doch schon um 12:30 Uhr mit der Rikscha aus der Garage fuhr. Auf dem Weg zum Treffpunkt klingelte dann das Handy und die vereinbarte Fahrt wurde wieder abgesagt. Mist! Nicht nett!
Also postierte ich mich in Bahnhofnähe und wartete auf Kunden, die möglichst nahe an das Seeufer wollten, wo gegen 14 Uhr die Parade dann startete. Das klappte ansprechend gut und so verflog mein Anfangsfrust ziemlich schnell und ich kam langsam in einen angenehmen Flow. So ging es dann bis etwa 18:00 Uhr weiter, nur durch ein paar kurze Verpflegungspausen unterbrochen.
Bis etwa 21 Uhr war dann kein klares Bewegungsmuster zu erkennen. Überall waren Menschen, die an ganz unterschiedliche Orte wollten. Nach 21 Uhr war die Tendenz dann klar. Vom Seebecken weg, entweder in Richtung Bahnhof oder in Richtung Langstrasse, wo eine lange Partynacht bevorstand.
Meine Strategie war ziemlich klar. Ich stehe am Paradeplatz und nehme dort Leute auf. Oft kam ich jedoch nicht mal bis zum Paradeplatz. Auf der Leerfahrt dahin wurde ich bereits wieder angesprochen und schon sassen die nächsten Leute in der Rikscha. So macht das natürlich Spass und das Geschäft brummt auch entsprechend. Super! Von mir aus könnte es jeden Monat eine solche Nacht geben...
Die Konzerte entlang des Sees dauerten bis um Mitternacht und von da weg leert sich das Festgelände. Viele wollten an die Langstrasse, an den Ballermann von Zürich. Langsam wurde ich müde. Mittlerweile war ich schon mehr als 12 Stunden unterwegs... und klarerweise nahm der Anteil an betrunkenen Menschen stetig zu... Besoffene kippen mir Bier in die Rikscha. Andere rennen hinterher und wollen aufspringen, halten mich zurück und zerren an der Rikscha rum... ich bin zu alt für diesen Scheiss!
In einer stillen Seitenstrasse mache ich einen Kassensturz um zu überprüfen ob ich mein gestecktes Ziel erreicht habe. Ja! Mehr noch! Super, ich muss nicht mehr... es folgt ein kleiner innerer Dialog. In dieser Nacht liegt das Geld auf der Strasse! Fahr zu und hebe es auf! So lange Du kannst, bis Du erschöpft vom Rad kippst! Nein. Ich mag nicht mehr. Bis jetzt lief alles prächtig, kein platter Reifen, auch sonst keien Defekte, keine Streitereien, alles im grünen Bereich. Auf die paar Kröten, die noch drinliegen würden bin ich nicht zwingend angewiesen. Lieber zufrieden die Sache beenden. So fahre ich kurz nach 01:30 Uhr in die Garage. 13 Stunden und etwa 80 Kilometer sind genug! Schön war's!