kleine Lücken
Vor zwei Monaten stellte ich in diesem Beitrag fest, dass ich als Nichtraucher eineinhalb Stunden Wachzeit geschenkt erhalte, die ich früher verpafft habe. Dabei handelt es sich natürlich nicht um ein einziges, 90 Minuten langes Zeitfenster, sondern um geschätzte 18 Rauchpausen mal 5 Minuten. Und interessanterweise waren das ja nicht einfach nur schlechte Pausen in denen man die Gesundheit ruinierte, sondern es waren auch bewusste Momente, in denen man aus dem normalen Alltag -oder dem, was man gerade gemacht hat- aussteigt. Und/Oder man pflegte in dieser Zeit auch soziale Kontakte zu anderen Rauchern.
Seit wir uns vor etwas mehr als zwei Jahren das Rauchen in der Wohnung abgewöhnt haben, rauchte ich nur noch im Freien. Die Zeiten, als man noch in Büros, Restaurants oder öffentlichen Gebäuden rauchen durfte, sind ja schon längst vorbei. Das bedeutete aber auch, dass ich fortan bewusster rauchte. Ich konnte nicht mehr so neben her, vor dem PC oder vor dem Fernseher, rauchen. Ich musste aufstehen, mich der Aussentemperatur entsprechend kleiden und dann eben nach draussen gehen um zu rauchen. Das verlieh dem Akt des Rauchens eine gewisse Wichtigkeit und Exklusivität.
Ich gehe heute noch am Morgenjob nach der Kaffeepause nach draussen um mit den anderen Rauchern zu plaudern. Oder zuhause nach dem Nachtessen begleite ich Karin auf den Sitzplatz um mich mit ihr zu unterhalten, während dem sie raucht. Interessanterweise habe ich gerade in diesen Momenten überhaupt keine Lust um wieder zu rauchen und ich schnuppere oder giere auch nicht nach dem Rauch der brennenden Zigaretten. Und überhaupt: Das sind gerade mal zwei Situationen am Tag, an denen ich Zigaretten nahe komme.
Es geht mir hier in diesem Beitrag auch eher um die anderen 16 Momente am Tag, an denen ich früher geraucht habe und wo jetzt kleine Lücken entstehen, die ich irgendwie ausfüllen muss.
Ich habe die letzten 40 Jahre geraucht... Da gibt es so viele Routine-Gedanken in meinem Kopf, die auf irgendeine Art mit dem Rauchen verknüpft sind. Es ist erstaunlich, wofür alles die Zigarette als Krücke hergehalten hat. Egal wie widersprüchlich die Situationen auch waren. Egal ob zur Motivation oder zur Beruhigung, zur Belohnung oder zum Trost, zur Ablenkung oder zur Konzentration oder einfach nur zur Bekämpfung der Langeweile. Alles Situationen und Momente denen ich auch heute, als Nichtraucher ausgesetzt bin und worauf ich nun eine neue Antwort finden muss.
Meist ist das nicht schwer. Man erinnert sich zwar, dass man sich bisher in solchen Situationen eine Zigarette angezündet hat, doch nun als Nichtraucher fällt diese Option halt aus. Man schüttelt den Kopf oder atmet tief durch, der Gedanke verschwindet und das Leben geht weiter. Erledigt. Schwieriger ist die Sache beim Thema Langeweile oder bei "auf etwas warten". Man hat ein Zeitfenster, welches man nur schlecht nutzen kann. Was mache ich nun als Ex-Raucher?
Es sind diese kleinen Lücken, auf die ich 40 Jahre lang eine Antwort hatte und die ich nun anders auffüllen muss. Das verunsichert mich zeitweise, denn manchmal weiss ich echt nicht, wie ich mich nun verhalten soll. Es ist irgendwie doof, dass man in diesem Alter noch neue Verhaltensmuster lernen muss.
Eigentlich fällt mir Nichtrauchen leicht, trotzdem muss ich vorsichtig bleiben. Gerade im Hinblick auf die startende Rikscha-Saison, denn da gibt es viele Momente des Wartens und der Langeweile. Ich darf und will nicht in eine solche Lücke fallen...
Es braucht wohl einfach Zeit um neue Verhaltensmuster aufzubauen und zu etablieren.