Die ersten zehn Kilometer des Tages führen mich wieder entlang der Küste bis nach "Nettuno" und interessanterweise ist es morgens fast windstill. Während ich so dahinradle versuche ich mir diese Windgeschichte zusammen zu reimen und komme auf folgende Idee:
Morgens ist es windstill. Im Laufe des Tages heizt die Sonne die Luft über dem flachen Festland auf, so dass diese aufsteigt und kühle Luft vom Meer quasi nachsaugt. Deshalb windet es nachmittags immer vom Meer landeinwärts. An heissen Tagen mehr als an kühlen Tagen. Deshalb hatte ich morgens nie Probleme mit dem Wind, je später aber der Nachmittag, desto ärger wurde die Windsituation. Ich weiss nicht, ob diese These stimmt, doch für mich war es zumindest eine halbwegs logische Erklärung.
Heute hätte es ruhig schon morgens landeinwärts winden können, dann hätte ich von Nettuno bis nach "Velletri" eigentlich dauernd Rückenwind gehabt. Es war aber, wie schon gesagt, nahezu windstill. Die Gegend ist flach und langweilig, die Strassen meist gerade, es gibt viel Ackerland und ein paar kleine Bauerndörfer, sonst nichts, was sich gelohnt hätte zu fotografieren.
Nach Velletri stieg dann die Strasse bis auf etwas über 600 Metern über Meer an und ich sah zwar die aufkommende Bewölkung, machte mir aber keinerlei Sorgen. Denn Hügel machen alles interessanter und abwechslungsreicher. Mir war zwar nicht klar, weshalb ich meine Strecke hier entlang geplant hatte, doch schon nach wenigen Kilometern bergab wurde es mir dann bewusst. Ich war nun im "Parco Regionale die Castelli Romani".
Zuerst kam ich in das kleine malerische Dorf "Nemi"und sah erst auf den zweiten Blick, dass dieses am Rand eines Vulkankraters lag und etwa 100 Höhenmeter weiter unten ein See war. Die Gegend ist sehr grün und stark bewaldet. Fast direkt auf der Gegenseite von Nemi liegt der Ort "Genzano di Roma", ebenfalls am Kraterrand und mit einem gut sichtbaren Castello. Sehr malerisch, diese Umgebung...
Meine Route wollte eigentlich runter an den See, halb herum und dann hoch nach Genzano, doch das war eine Privatstrasse, die mit einem grossen Eisentor abgesperrt war. Also fuhr ich entlang des Kraterrands auf der normalen Strasse und nach zwei drei Kurven kam ich an ein Lichtsignal und vor mir steht eine übergrosse, pinkfarbene Stretchlimousine. Schnell stellte ich das Velo hinter das Auto, zückte den Fotoapparat und machte zwei Fotos vom Pink-Cadillac, der in Wahrheit ein Lincoln war. Dieser fuhr bestimmt an ein Hochzeit.
Nur wenige Kilometer nach Genzano folgt der etwas grössere Ort "Castel Gandolfo" und auch der liegt an einem Kratersee, nämlich am "Lago di Albano". Da war interessant, dass ein Löschflugzeug Übungsflüge machte. Es wasserte kurz, füllte die Löschtanks, startete, flog eine Runde um den See und liess das Wasser wieder ab. Während ich der Sache zusah, fielen dann die ersten Regentropfen. Ich setzte mich in einer Bar unter ein Vordach, trank einen Cappuccino und wollte mal sehen, wie sich die Sache entwickelt. Der Cappuccino war leer und es fielen immer noch nur vereinzelte Tropfen, obwohl es mittlerweile ziemlich düster war. Ich bezahlte, stieg wieder aufs Rad, doch keine zwei Kilometer später kam ich in ein heftiges Gewitter.
Rasch suchte ich Schutz unter einem grossen Pinienbaum und dachte eigentlich, dass die Sache in fünf Minuten erledigt ist, doch dem war nicht so. Es regnete immer heftiger und so packte ich halt die Regenkleider aus. Diese habe ich nun genau 42 Tage lang nicht mehr gebraucht. In "Sapri" regnete es zwar fünf Minuten über Mittag, doch da machte ich ja sowieso gerade Pause, sonst hatte ich wirklich immer trockenes Wetter.
Hey! Was soll´s? Es war noch immer um die 25° Grad warm, ich habe wasserdichte Taschen am Rad und die Fetzen von blauem Himmel die ich immer noch sah sagten mir, dass dieser Regen nicht lange dauern wird. Also nicht aufregen, sondern Spass haben! Auf meinen löchrigen Schuhen steht ja auch "waterproof"...
Leider sah ich dann den Ort "Frascati" nur im Regen und konnte nur ein einziges Bild machen. Dieser hübsche Ort hätte wirklich mehr Beachtung verdient. Danach folgte eine lange Abfahrt und schon bald hörte der Regen auf. Keine zehn Kilometer später waren die Strassen trocken und es schien wieder die Sonne. Da schien es überhaupt nicht geregnet zu haben. Das gefiel mir natürlich und ich hielt gerne an um die Regenkleider wieder auszuziehen und in der Tasche zu verstauen.
Mittlerweile war ich ziemlich nahe an Rom und kam nun durch viele Agglomerationsorte. Mal etwas reichere, mit vielen Einfamilienhäusern und Villen, mal etwas ärmere, mit grossen Wohnsilos, Mac Donnalds und dem üblichen Zivilisationsmüll. Es wurde Zeit, dass ich mir langsam eine Unterkunft suchte, doch in solchen Schlafsiedlungen gibt es kaum Hotels. Und doch, entlang einer dieser nichtssagenden Strassen sah ich ein Hotelschild, das zwischen zwei Häusern zu einem kleinen Hotel abseits des Strassenlärms führte. Ich war im kleinen Ort "Fontenuova". Ein gelangweiltes, älteres Ehepaar sass vor dem Fernseher und vermietete mir ein Zimmer für 35 Euro. Das passt. Frühstück wollen sie lieber keines machen, was mich aber auch nicht störte.
Ich kaufte in einem kleinen Mercato die nötige Verpflegung und genehmigte mir danach ein feines Essen in einer Pizzeria. Nun freue ich mich auf morgen, denn dann werde ich bis zum "Lago di Bracciano" fahren, den ich von unseren Ferien vor zwei Jahren in sehr guter Erinnerung habe. Das GPS sagt: 114 km., 5:53 Std., 1´030 Hm.