Freitag, 27. Januar 2017
Tag 12 - ins Ruhrgebiet
Das eigentlich schöne Hotel hat mich ein bisschen enttäuscht. Im Zimmer war es kalt und der WLAN-Internetzugang hat nicht funktioniert. Das reichhaltige und sehr gute Frühstück hat es dann wieder etwas wett gemacht und so bin ich dann doch zufrieden in den Tag gestartet.
Vom Start weg profitierte ich von einem guten Rückenwind aus Südost, der mich förmlich vorwärtsschob. Für die 25 Kilometer bis nach Düsseldorf brauchte ich nur wenig mehr als eine Stunde. Ich hatte also genügend Zeit um einen ersten Milchkaffee zu trinken und mir das Treiben in der Stadt etwas anzusehen. Danach ging es weiter nach Duisburg, wo ich dann den Rhein verlassen und der Ruhr folgen werde. Gestern Abend habe ich mir den heutigen Streckenverlauf etwas im Detail angesehen und fragte mich, weshalb die Route von Düsseldorf nach Duisburg fast immer durch bebautes Gebiet und auch noch am Flughafen Düsseldorf vorbeiführt. Es würde doch schöner und mehr in Rheinnähe auch gehen, dachte ich.
Ich fahre also am Rhein entlang und als die gespeicherte Route dann wieder in städtisches Gebiet abzweigt, bleibe ich einfach auf dem Rheinradweg. Ich kann mich ja nicht verfahren, denn selbst ohne Beschilderung komme ich irgendwann an die Mündung der Ruhr in den Rhein und da muss ich dann spätestens abzweigen. Es läuft wie gesagt gut. Die Sonne scheint, es ist nicht mehr so kalt und der Wind bläst von hinten. Was will man mehr? Man will zum Beispiel, dass der Radweg nicht irgendwo abrupt im Niemandsland endet. Aber eben: das Leben ist kein Wunschkonzert. Vor einem grossen Industriegebiet ist plötzlich Schluss mit lustig. Ich halte an und versuche mich mit dem GPS zu orientieren. Ich bin kurz vor Duisburg und die gespeicherte Strecke verläuft ziemlich parallel, ein paar Kilometer entfernt in östlicher Richtung. Ich versuche mich also zurück auf die gespeicherte Strecke zu kämpfen. Gar nicht so einfach. Da gibt es Autobahnen und Schnellstrassen, die man nicht so einfach queren kann und so verfranse ich mich etwas. Egal, früher oder später finde ich auf den geplanten Pfad zurück. So lerne ich auch die Vororte von Duisburg etwas kennen… Kurz vor dem Hauptbahnhof habe ich es dann geschafft. Es ist also Zeit für einen weiteren Kaffeehalt, diesmal mit einem Berliner garniert.
Liebe Einheimische, bitte nicht böse sein, doch Duisburg ist eine ziemlich hässliche Stadt. Sehr viel gesichtsloser Betonbau und auch nicht wirklich gepflegt das Ganze. Die Radwege sind die schlechtesten, die ich bisher erlebt habe. Unsägliche Flickenteppiche mit vielen Schlaglöchern. Dauernd queren Einfahrten und die Bordsteine bei Auf- und Abfahrten sind unangenehm hoch. Vielleicht hat das auch System, denn so kann man nicht zügig fahren und muss dauernd auf der Hut sein. Das Schönste an der Stadt fand ich den Brunnen am zentralen Platz. Darin steht eine Figur mit dem Namen «Life Saver». Diese wurde als Gemeinschaftswerk von Niki de Saint Phalle und ihrem Ehemann Jean Tinguely gebaut. Leider ist derzeit kein Wasser im Brunnen und man kann sich die Bewegung und das spritzende Wasser deshalb nur schwer vorstellen.
Kurz danach komme ich zur Ruhr und gleich neben einer Brücke steht das “Landesarchiv NRW”. Ein völlig fensterloser, kantiger Bau. Verbunden mit einem welligen Anbau, der den Kontrast eckig-rund zusätzlich verstärkt. Finde ich gelungen. Nur etwa ein Kilometer weiter kommt danne eine erste Schleuse in der gerade ein Tankfrachter auf das höhere Niveau der Ruhr angehoben wird. Interessant. Danach folgen ein paar Kilometer über Land und schon bald komme ich nach Oberhausen, meinem Tagesziel.
Heute habe ich nicht sehr viele Fotos gemacht, ich bin vorwiegend einfach vor mich hin gefahren. Ich dachte dabei oft an die Zeit zurück, als ich ein halbes Jahr in Essen gearbeitet habe (1996). Jedes zweite Wochenende bin ich mit dem Flugzeug von Düsseldorf nach Zürich geflogen und jedes zweite Wochenende blieb ich im Ruhrgebiet. Ich erkundete dann jeweils etwas die Gegend und vermisste damals Hügel oder Anhöhen, von welchen man runterblicken und etwas die Aussicht geniessen kann. Das gibt es hier einfach nicht. Es ist ziemlich flach, mit ziemlich viel Industrie und ziemlich grauen Häusern…
Heute bin ich auch an vielen grossen Industrieanlagen vorbei gekommen. Am Eindrücklichsten fand ich eine Stahlhütte von Thyssen Krupp. Ein riesiges Gelände mit sehr grossen Hallen. Daneben direkt ein AKW. Die Gewinnung und das Einschmelzen von Eisen braucht unglaublich viel Energie und wenn ich mir vorstelle, wie es hier im vor-AKW-Zeitalter ausgesehen und gerochen hat, dann bin ich froh, das nicht erleben zu müssen. Ich erinnere mich an Geschichten die beschrieben, wie im Winter der Rauch der Kohleöfen das halbe Ruhrgebiet in Nebel/Smog getaucht hat. Ich folge nun dem Emscher Radweg, der mich an einige dieser historischen Bergwerk- und Industriestätten führt. Morgen steht z.B. die ehemalige Zeche “Zollverein” auf dem Programm und da freue ich mich auch drauf.
Die aufgezeichnete Strecke von gestern reiche ich hier noch nach (72km, 184Hm). Hier dann die Daten der heutigen Tour (80km, 204Hm). Heute war übrigens der erste Tag mit einer Durchschnittstemperatur von über 0° Grad (exakt 2,6° Grad). Es wird also langsam wärmer. Zum ersten Foto des heutigen Tages bitte hier klicken.
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