dazwischen

Momentan hänge ich etwas in den Seilen. Das Bauprojekt der Aussentreppe ist abgeschlossen, bis der Metallbau kommt dauert es noch 4 bis 5 Wochen und das Heizungs-Umbau-Projekt rollt erst so langsam an. Das Wetter ist auch vorwiegend wechselhaft und so bin ich für erhöhte Rikscha-Präsenz in der Stadt auch nicht sonderlich motiviert. Ja, "dazwischen" trifft meine Stimmung ganz gut. 🙄

Heute war das Wetter besser, als angekündigt. Am Morgen noch wolkenlos blauer Himmel, nach ersten Schäffchenwolken nahm die Bewölkung stetig zu und gegen Abend soll es wieder zu regnen beginnen. Ich konnte also gut nochmal ein paar Bikekilometer sammeln und habe mich heute für eine Strassentour mit dem Kish entschieden. Kurz nach dem Mittag bin ich losgefahren und genoss das stille rollen auf Asphalt. Jahrelange Erfahrung hilft bei der Streckenwahl. Leicht rollende, flache Abschnitte sollen sich mit Anstiegen abwechseln, wo der Puls steigt und das Blut in Wallung gerät. Eine zügige Abfahrt, wieder ein paar flache Kilometer und dann der nächste Hügel. Möglichst viel auf Nebenstrassen, mit wenig motorisiertem Verkehr. So kann ich mich innerlich ertwas sortieren.

Während der Fahrt dachte ich oft an meine 81-jährige Mutter. Sie war eigentlich immer gut in Form, geistig wach und präsent. Doch in letzter Zeit baut sie auffallend ab. Zu körperlichen Beschwerden (Rücken, Auge, Bluthochdruck) kommen mentale Probleme wie Vergesslichkeit und schwindende Lebensfreude. Seit dem Tod meines Vaters nahm sie regelmässig an kirchlichen Veranstaltungen teil, doch wegen Corona sind diese Anlässe seit über einem Jahr alle abgesagt. Dieser zwischenmenschliche Kontakt scheint ihr doch sehr zu fehlen. Dann darf sie wegen ihrer Augenoperation seit etwa einem Monat nicht mehr Autofahren und somit sind die wöchentlichen Einkäufe auch schwieriger geworden. Ausser ihrem täglichen Spaziergang ist ihre Agenda leer und diese Leere beginnt sich irgendwie nun auch in ihr breit zu machen. Sie wirkt oft teilnahmslos, unmotiviert und etwas abgelöscht. Das ist nicht gut.

Und ja, in letzter Zeit vergisst sie auffallend viel, was ihr an sich überhaupt nicht entspricht. Auf der einen Seite kann man das als normale Altersvergesslichkeit betrachten, auf der anderen Seite fragt man sich natürlich schon, ob das auf eine beginnende Demenz hinweist. Und, in Anbetracht dessen, dass sie doch regelmässig Medikamente einnehmen sollte, ist doch Vorsicht (oder halt auch Kontrolle) geboten. Und somit fragt man sich auch, ob man selbst denn genügend über sie weiss. Wie geht es ihr gesundheitlich denn wirklich? Welche Medis muss sie wann einnehmen? Sollte man nicht an Arztkonsultationen teilnehmen um sie besser betreuen zu können? Das sind heikle Fragen, denn natürlich will ihr niemand die Selbständigkeit nehmen und es bräuchte dafür auch ihr explizites Einverständnis (um die ärtzliche Schweigepflicht gegenüber ihren Kindern aufzuheben).

Gestern haben meine Schwester, ihr Mann, Karin und ich über diese Situation gesprochen. Meine Schwester und ihr Mann sind nah dran, denn sie wohnen im selben Haus. Doch es ist klar: Ich muss und will dazu auch meinen Beitrag leisten. Es geht um meine Mutter. Ich liebe sie und wenn ich ihr helfen kann, so mache ich das gerne. Ich werde nun wöchentlich vorbei schauen und mit ihr reden. Ich muss sie besser kennenlernen um die Situation klarer einschätzen zu können. Und, ich muss sie an Themen wie Vorsorgeauftrag, Patientenverfügung und Testament heranführen.

Das ist ein ganz neuer Themenbereich für mich. Ich muss mich diesbezüglich auch erst einmal etwas schlau machen. Und natürlich ist das für niemand eine angenehme Situation. Reden hilft. Soviel ist klar. Also muss ich in einer ersten Phase den Kontakt intensivieren.