Sonntag, 19. Juni 2011
(6) piemontesische Hügellandschaft
Ein strahlend blauer Himmel begrüsste mich heute Morgen und so war rasch entschieden, dass ich lieber ein Stück weiterfahre und nicht in Turin die 150 Jahr Parade besuche.
Zuerst ging es wieder auf sehr schönen Wanderwegen entlang des Po´s, bis ich dann südwärts in Richtung der ersten piemontesischen Hügeln abzweigte. In einem kleinen Dorf war der Ortskern abgesperrt und ich wollte schauen, was da los ist. Plötzlich rauschten ein paar skurile Velo-Seifenkisten an mir vorbei und auf dem Hauptplatz sah ich dann, worum es ging. "3. Grand Prix Fomula uno con bici". Das Starterfeld bestand aus etwa 15 verschiedenen 4-rädrigen Liegevelos, die wie Formel 1 Autos verschalt und bemalt wurden. Lustig anzusehen. Es gab eine Boxengasse wie in der richtigen Formel 1 und da bereiteten sich diverse Fahrer auf Ergometern auf ihren Einsatz vor, oder ruhten sich aus und verpflegten sich. Jedes Team bestand aus vier Fahrern und diese wechselten sich nach ein paar Runden jeweils ab. Es herrschte ein buntes Treiben und versprühte echte Rennatmosphäre. Das war wirklich interessant und lustig anzusehen.
Mit der Ortschaft Mont D´Alba stand dann ein erster Hügel auf dem Programm. Mit etwa 200 Höhenmetern zwar nicht lang, dafür stellenweise steil und an der prallen Sonne. Das gab mir einen Vorgeschmack auf das, war ich (hoffentlich) auf meiner Reise noch öfters erleben werde. An die 30° Grad im Schatten (den es natürlich nicht gab), windstill und reflektierende Hitze von unten. Schon bald tropfte der Schweiss... Da es mittlerweile kurz nach zwölf Uhr mittags war und ich auch ein erstes Hüngerchen verspührte, steuerte ich direkt eine kleine Pizzeria an, wo ein paar Tische unter schattenspendenden Bäumen standen. Ich genehmigte mir eine feine Pizza, die mir den Treibstoff für den Nachmittag liefern sollte.
Auf der Weiterfahrt in Richtung Alba wurde die Landschaft zunehmend von Rebbergen dominiert. Alba ist bekannt, erstens für den weltbesten weissen Trüffel (alljährliches Trüffelfest Ende September) und für seinen vollmundigen Rotwein. Die lieblichen Hügel, mit ihren Hügeldörfern ist schön anzusehen und wenn man nicht gerade auf Hauptstrassen fährt, hat es zudem kaum Verkehr. So habe ich mir das vorgestellt und so ist Velofahren einfach sehr, sehr schön. Gegen drei Uhr mittags kam ich dann in Alba an und vor der alten Kirche im Zentrum nahm ich Platz vor einer Caffetteria und Gelateria. Mmm, lecker Eis essen und in die Sonne blinzeln, ja, so lässt sich leben!
Ich wusste, dass es zu meinem Tagesziel nicht mehr sehr weit war, deshalb liess ich mir Zeit und trank noch einen italienischen Espresso. Es folgten die letzten 15 Kilometer bis zur Cascina Sondrea, eine ehemaliges Bauerngehöft, welches von einem schweizer Paar liebevoll zu einem schönen Agriturismo umgebaut wurde. Meine Eltern waren schon mehrfach hier und gaben mit diesen Tipp mit auf den Weg.
Andi und Sonja sind sehr liebe Leute und die gesamte Anlage ist wirklich ganz wunderbar und liebevoll hergerichtet. Sie bieten nur wenige Zimmer an und der Ausdruck "Ruhe und Erholung" könnte hier erfunden worden sein. Beim Rundgang über das Anwesen stellte mich Andi einem Schweizer Paar aus Zug vor, welches hier eine Woche Ferien macht. Wir verstanden uns gleich auf Anhieb und so war rasch organisiert, dass wir abends gemeinsam Essen gehen. Sie haben bei ihrem letzten Besuch hier ein kleines Restaurant gefunden, wo die "Mama" ganz ursprüngliche piemontesische Gerichte anbietet. Dieser Abend hatte dann eine unglaubliche Qualität und wird mir noch lange in Erinnerung bleiben. Das kam so: Nach 19 Uhr fuhren wir mit dem Auto zwei Dörfer weiter und nach etwas suchen fanden wir das kleine und versteckte Lokal von Renzo und Antonietta. Beide um die 60 und ganz herzliche und liebenswürdige Menschen. Sie erinnerten sich sofort an Urs und Rita und begrüssten sie überschwänglich und so herzlich, dass man glaube könnte, sie gehören zur "Familia". Wir waren die einzigen Gäste. Renzo und Antonietta sprechen 10 Worte deutsch und wir drei insgesamt 30 Worte italiensich, was eine wunderbar lustige und lebhafte Konversation zur Folge hatte. Antonietta erzählte, dass sie extra heute frische Pasta von Hand gemacht hatte und dass Sie Renzo nach Alba schickte um etwas Fleisch einzukaufen. Sie versicherte sich, dass wir wirklich Hunger hatten und bat uns mehrmals möglichst kein Brot zu essen, da wir auch ohne ganz bestimmt satt würden. Wie Recht sie haben sollte... Ich versuche mich an die Menüabfolge zu erinnern.
- Zwei verschiedene lokale Salami mit etwas Brot und Rotwein des Nachbarn
- Artischocken- und Bohnensalat mit kaltem Hasenfleisch
- Eine Art russischen Salat (Ei, Mais, Erbsen, Kartoffeln und frische Gewürze)
- Hauchdünne, kalte Fleischstückchen mit Parmesan und Olivenöl
- Vitello Tonato (Kalbfleisch mit Thonpaste und Ruccola)
- Ganz dünne Nudeln mit Steinpilzen und Auberginen
- Hausgemachte Ravioli mit Basilikum
- Rindsbraten mit etwas angebratenen Zucchini
- Drei verschiedene Süssigkeiten (Schokoladenmousse, Mini-Tiramisu, Etwas Blätterteigartiges mit Honig)
- Kaffee mit Grappa und zum Schluss ein Kräuterschnaps zur Verdauung
Das war wirklich perfekte und ursprüngliche Küche, wie man sie kaum mehr kennt und kriegt. Nix mit Convenience-Food! Es war alles frisch, von Hand gemacht und mit Liebe zubereitet. Wirklich einzigartig (auch der Preis... 30 Euro für Alles).
Vielen, vielen Dank an Urs und Rita, dass sie mich so spontan mitgenommen haben und mir diesen wunderschönen Abend ermöglichten! Kurz vor Mitternacht waren wir dann wieder zurück und fielen satt und müde ins Bett. Was für ein schöner Tag! Das GPS sagt: 92 km., 6:11 Std., 630 Hm.
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