Wenn um 04:30 Uhr der Wecker klingelt macht es doch einen Unterschied, ob ich dann aufstehe um mich für den Morgenjob bereit zu machen oder ob ich -so wie heute- aufstehe, um eine schöne Mountainbiketour zu fahren 😉. Um 05:38 fuhr mein Zug ab Kloten-Flughafen und bis dahin brauche ich mit dem Rad knapp 30 Minuten. Es hat wunderbar geklappt und nach dem Umsteigen in Zürich habe ich mich entspannt und genoss die fast zweistündige Zugreise bis nach Airolo, südlich des Gotthards.
Um 08:01 Uhr aussteigen in Airolo und als erstes: Sonnenbrille aufsetzen 🕶 😎. Auf 1'100 Metern über Meer lacht die Sonne schon an einem stahlblauen Himmel. Mit +4° Grad ist es ziemlich frisch, doch der kommende Anstieg auf die Gotthardpasshöhe wird mir schnell eine angenehme Betriebstemperatur bescheren. Dabei wird interessant sein, dass je höher ich komme, desto wärmer wird es (ungewöhnlich). Ich fahre gemütlich los, stelle jedoch schnell fest, dass ich zu warm gekleidet bin. Also noch einmal kurz anhalten und die langen Hosen sowie die Jacke ausziehen und im Rucksack verstauen. Danach wieder aufsitzen und das herrliche Bergpanorama in vollen Zügen geniessen.
Ich bin etwas irritiert als ich an einem Schild vorbei fahre auf dem steht: "Tremola gesperrt." Hmm... ob das auch für Radfahrer gilt? Zwei Kilometer später stehe ich vor einer geschlossenen Schranke. Ich entschliesse mich das Bike unter der Schranke durchzuschieben und das Fahrverbot zu ignorieren. An einem solchen Prachtstag wie heute will ich mir diese Traum-Bergstrasse nicht entgehen lassen.
Die Situation hat ja durchaus auch Vorteile, denn so weiss man mit Sicherheit, dass einem keine Autos und Motorräder entgegenkommen oder gefährlich überholen 😉. Das alte Kopfsteinpflaster fährt sich holprig und zäh, doch das gehört einfach dazu. Ich fahre langsam, geniesse jeden Moment und mache immer wieder Fotos. Weit unten sehe ich zwei andere Radfahrer, sonst nichts. Es ist der Hammer! 🔨 💯
Beim Gotthard-Hospiz war ich etwas enttäuscht, dass man nirgends draussen Kaffee trinken konnte, doch solche Prachtstage wie heute sind um diese Jahreszeit wohl zu selten, als dass sich der Aufwand lohnen würde (übrigens um 10:15 Uhr zeigt mein GPS auf der Passhöhe +14° Grad). Ich mache also nur ein paar Fotos und freue mich auf die kommende Abfahrt, die ich auf dem Wanderweg Nr.55, der "Via Suworow", geplant habe. Ich hatte keine Ahnung, ob das mit dem Mountainbike fahrbar ist und diesbezüglich hatte ich bei der San Bernardino-Tour ja nicht gerade gute Erfahrungen gemacht. Ich war also gespannt...
Es war dann sensationell und traumhaft schön. Ich konnte fast alles fahren und bin nur ein paar Mal abgestiegen um das Bike ein paar Meter zu tragen, weil ich (alleine unterwegs) keine Risiken eingehen wollte. Dabei überkam mich grosse Dankbarkeit. Dieser Tag, dieses Wetter, diese Umgebung, dieser Trail und mittendrin der kleine Beat. 🙏
Den geplanten Mittagshalt bei Andermatt liess ich ausfallen und fuhr direkt weiter in Richtung Schöllenenschlucht. Im Bereich der Teufelsbrücke ist dann Fahrverbot, doch die paar hundert Meter, vorbei an den historischen Brücken, kann man auch gut schieben. Ich mache eh ein paar Fotos und so ist das kein Problem. Weiter unten wird der Wanderweg dann auch offiziell zu einer Bikestrecke, die wirklich sehr viel Spass macht. Klar, denn es geht ja vorwiegend bergrunter 😉 😎.
Weil es auf dem Gotthard keinen Kaffee gab und in Andermatt auch kein Mittagessen, suchte ich mir nun am Ufer der tosenden Reuss ein schönes Plätzchen an der Sonne und verputzte zufrieden mein letztes Sandwich. Gegenüber meiner Planung war ich locker eine Stunde zu früh dran. Ich entschied mich deshalb nicht schon in Erstfeld den Zug zu besteigen sondern weiter bis nach Flüelen, ans Ufer des Vierwaldstättersees, zu fahren.
Ich befürchtete schon fast, dass ich nun doch noch in den Nebel komme, doch es waberten nur noch ein paar letzte Nebelfetzen den Bergflanken entlang und so konnte ich am Bahnhof in Flüelen doch noch etwas in der Sonne sitzen und mir einen Belohnungskaffee gönnen. Was für eine tolle Tour! 👍
Auf dem Rückweg im Zug schickte ich meinen Freuden dann die besten Fotos um sie so richtig neidisch zu machen. Tja, so ist die heutige Zeit nunmal 😆. Ich war wirklich zufrieden und gut gelaunt. Deshalb wollte ich mir den Freitag-Feierabend-Stress in Zürich, auf dem Zug in Richtung Flughafen nicht mehr antun. Ich suchte gar nicht Gleis 34 von wo es weitergehen sollte, sondern bahnte mir den Weg in Richtung Ausgang und fuhr von da die verbleibenden 18 Kilometer mit dem Velo nach Hause. Auch hier schien nun herrlich die Herbstsonne. Als ich zuhause die Türe zum Bikekeller aufschliesse ist es genau 17:00 Uhr. Ich war 12 Stunden unterwegs. Ein perfekter Tag neigt sich dem Ende entgegen. 🙏
Für Interessierte gibt es hier noch den Link zu der aufgezeichneten Strecke. Für den ganzen Tag sagt das GPS: 92 km., 6:02 Std., 1'440 Hm.