Notruf

Vor etwa zwei Wochen hatte meine Mutter einen Blackout. Sie wusste plötzlich nicht mehr wo sie war und wie sie nach Hause kommt. Das war natürlich nicht nur für sie ein Schock, sondern auch für uns, weil niemand wusste, wo sie war. Wir haben die Polizei informiert und erst in den frühen Morgenstunden des Folgetags wurde sie bei einer Bushaltestelle gesichtet und von der Polizei nachhause gebracht.

Schon seit ein paar Monaten registrieren wir, dass sie zunehmend vergesslich wird. Doch zu Beginn nimmt man das auf die leichte Schulter und denkt sich, dass sie nun halt langsam einfach alt und vergesslich wird. Ist ja normal und nicht wirklich schlimm... nach dem beschriebenen Blackout haben wir das natürlich in einem anderen Licht gesehen. Irritierend war vor allem, dass in ihrem Gedächtnis gegen 20 Stunden einfach fehlten. Sie erinnert sich an gar nichts, bis dass sie im Polizeiauto sass. Obwohl sie in der Stadt unterwegs war, hatte sie selbst niemanden angesprochen, nichts getrunken, nichts gegessen und sie wurde auch von niemandem angesprochen. Das ist schon irgendwie beängstigend.

Ein Handy hat sie zwar, doch das lässt sie dauernd zuhause liegen und ich bin mir auch nicht sicher, ob sie das wirklich bedienen kann. Es ist mein altes Smartphone, welches ich vor drei Jahren meinem Vater vermacht habe. Nach seinem Tod hat sie es behalten (mit einem PrePaid-Abo), doch ich glaube nicht, dass sie es je wirklich gebraucht hat. Für sie ist es eine Erinnerung an Vater und kein Gebrauchsgegenstand. Und ganz generell hat sie in ihrem Leben noch nie gerne telefoniert.

Es musste also eine einfachere Lösung her. Nach eingehender Internet-Recherche bin ich auf die Limmex-Notrufuhr gestossen. Damit kann sie zukünftig mit einem einfachen Knopfdruck einen Notruf auslösen. Es werden hintereinander mehrere Notfallnummern angerufen, bis jemand den Anruf entgegennimmt. Gleichzeitig wird ein SMS mit den GPS-Koordinaten der Uhr versendet. Als alarmierte Person kann man direkt mit der Mutter sprechen und die nötigen Schritte einleiten. Soweit so gut. Heute ist diese Notrufuhr angekommen und ich habe sie entsprechend konfiguriert und getestet. Das funktioniert soweit ganz ansprechend. Morgen Abend werde ich ihr die Uhr vorbeibringen, ihr die Funktion erklären und dann spielen wir einen Notfall zusammen durch.

Technisch ist damit eine Basis gelegt um zukünftigen Blackouts besser begegnen zu können. Natürlich ist das nur ein technisches Hilfsmittel und ob es wirklich hilft, ist ungewiss. Erstens muss sie die Uhr wirklich tragen. Zweitens muss der Akku alle paar Tage aufgeladen werden. Drittens muss sie im Notfall auch wirklich noch wissen, was sie tun muss. Die Uhr hat nur einen Knopf, das ist schon ziemlich simpel, doch wenn das Hirn blockiert, dann weiss sie vielleicht nicht einmal mehr, dass sie nun eben genau diesen Knopf drücken muss...

Die Uhr, zusammen mit dem benötigten Mobile-Abo kostet schon ein paar Franken. Doch es könnte ihr ein Gefühl von Sicherheit vermitteln und uns nahestenhende Verwandte etwas beruhigen. Schade finde ich einzig, dass man die Uhr ohne einen abgesetzten Notruf nicht orten kann. Das würde eben genau für diesen Fall helfen, wenn ein Blackout eintritt und sie selbst keinen Notruf absetzt.

Ich muss mich mal schlau machen. Es gibt doch Eltern, die die Handys ihrer Kinder tracken um zu sehen, wo sie sind. Das müsste doch auch mit dieser Uhr gehen, das sie ja eine SIM-Karte beinhaltet... wie auch immer.

Und ja, natürlich müssen wir unsere Mutter auch medizinisch untersuchen lassen. Ist das der Beginn von Altersdemenz oder Alzheimer? Es wird bestimmt nicht das letzte Mal sein, dass ich darüber berichte.