Ich weiss nicht ob es besonders schlau ist, dass ich diesen Beitrag schreibe. Es handelt sich hier um etwas sehr Persönliches, was einen Freund und mich betrifft. Aber vielleicht hilft es meinem Verarbeitungsprozess, wenn ich mir die Geschichte mal von der Seele schreibe...
Wie vor ein paar Tagen schon geschrieben, lernte ich Peter und Matthias 1998 an meiner ersten Alpenüberquerung kennen. Peter ist ein paar Jahre später in die Schweiz übersiedelt und das hat unsere Freundschaft natürlich vereinfacht und intensiviert. Wenn man in diesem Blog nach Peter sucht, werden einem über 130 Treffer angezeigt, was natürlich auch damit zusammenhängt, dass wir viele Radtouren miteinander unternommen haben.
Peter ist ein hochintelligenter und auch sehr sensibler Mensch. Manchmal vielleicht etwas zu kopflastig und dadurch für andere Menschen anstrengend, doch ich habe ihn immer sehr gemocht und versuchte ihm ein guter Freund zu sein. Echte Freunde hat man ja nicht sehr viele und ich glaubte auch immer, dass unsere Beziehung auch für Peter wichtig ist, da er ja in der Schweiz nicht sehr viele Menschen kannte. Über viele Jahre trafen wir uns regelmässig. Mehrheitlich um zusammen Rad zu fahren aber auch zu sonstigen Gelegenheiten.
Er verliebte sich dann in eine Frau mit zwei Kindern, die in den Bergen wohnte und fortan pendelte er zwischen seinem Job hier in der Region Zürich und seiner neuen Familie, in Graubünden. Der Kontakt brach damals fast vollständig ab. Er hatte einfach keine Zeit mehr, was ich zwar schade fand aber durchaus respektierte und ich freute mich auch für ihn und sein gefundenes Glück. Wir sahen uns damals nur noch ein- zweimal pro Jahr und zwischendurch telefonierten wir sporadisch. Sieben Jahre später endete diese Beziehung, er hatte wieder mehr Zeit und so trafen wir uns wieder öfter. 2019 war er dann mit auf der Bikereise von Rom nach Genua und 2020 auf der Tour in Sizilien.
In den letzten Tagen auf Sizilien brach die Corona-Pandemie in Europa aus und Italien war zu Beginn am stärksten betroffen. Er machte sich sofort grosse Sorgen und dachte schon, dass wir wegen Reiserestriktionen auf Sizilien festsitzen würden. Wir drei Anderen haben diese Sache weit weniger ernst genommen und sahen unsere Unbekümmertheit auch darin bestätigt, dass wir noch problemlos heimreisen konnten.
Als dann die Corona-Massnahmen verschärft wurden hatte ich ja viel Zeit um zu biken und deswegen rief ich zwei- dreimal auch Peter an um zu fragen ob er auf eine Trainingsrunde mitkommt. Seine Haltung war immer gleich. "Nein. Zu gefährlich." Er reduzierte alle Kontakte auf das absolute Minimum und igelte sich in seinem Safe-Space ein. So dauerte es dann auch bis Mitte Juni, bis wir uns zum Abschluss-Essen unserer Sizilienreise noch einmal trafen. Auch da zeigte sich, dass er die Corona-Pandemie enorm ernst nahm und rückblickend denke ich, dass ich ihn mit meiner naiven Art brüskierte und er das als dumm und verantwortungslos einstufte. Wie auch immer: Der Abend des 19. Juni 2020 war das letzte Mal als wir uns von Angesicht zu Angesicht gesehen haben. Seither herrscht Funkstille.
Ich versuchte mehrmals ihn anzurufen, habe ihm E-Mails geschickt und war auch mal bei ihm zuhause um nachzusehen, ob er noch am gleichen Ort wohnt. Sein Name stand noch auf dem Briefkasten, doch mein Klingeln war erfolglos. Von seiner Seite kam einfach nichts mehr und ich musste zunehmend akzeptieren, dass er mich wohl aus seinem Leben gestrichen hat. Zu Beginn dieser Funkstille dachte ich noch oft, dass sich das wieder legen wird und es nur eine Frage der Zeit ist, bis der Kontakt wieder hergestellt wird. Und natürlich fragte ich mich immer wieder: "Was habe ich falsch gemacht? Was habe ich gesagt/getan, was ihn so sehr verletzt hat?"
Im Vorfeld der Überraschungs-Geburtagsparty zu meinem 60. Geburtstag hat Karin dann mehrfach versucht Peter zu erreichen. Auf ihre letzte WhatsApp-Nachricht hat er endlich geantwortet: "Eine schöne Idee, doch ich komme nicht." Das war alles. Als sie mir das erzählte, hat es diese alte Wunde wieder aufgerissen. Was habe ich nur getan? Oder: Weshalb können wir das nicht wie erwachsene Menschen besprechen und klären? Kann ja sein, dass man nach diesem Gespräch für immer getrennte Wege geht, doch dann wissen immerhin beide Personen woran es lag. So wie es jetzt ist, fühlt es sich (für mich) einfach nicht richtig an.
Ich werde ihn zwar weiterhin vermissen, doch ich werde ihn in Ruhe lassen. Ich muss sein Verschwinden einfach akzeptieren und ich versuche auch, nicht (nur) mir die Schuld daran zu geben. Auch hier gilt: Es gibt kein eindeutiges Richtig oder Falsch und keine Schuld. Es ist einfach das, was passiert. Ich wünsche ihm wirklich weiterhin alles Gute, viel Glück und Gesundheit!