Am Silvester begann ich einen Eintrag "Jahresrückblick" zu schreiben, den ich aus Zeitmangel nicht fertig kriegte und später dann wieder löschte. Irgendwie habe ich keine Lust auf einen Jahresrückblick obwohl ich 2014 grundsätzlich als ein positives Jahr betrachte und es schon noch das eine oder andere zu resümieren gegeben hätte. Trotzdem war es mir nicht so wichtig...
Nun sind die ersten Tage im neuen Jahr auch schon wieder verstrichen und es ist an der Zeit, dass ich mich hier wiedereinmal melde.
In den letzten Tagen nutzte ich einige Zeit um das buchhalterische Jahr von BIKE BUTLER abzuschliessen. Wer mich kennt weiss, dass ich diese Zahlenakrobatik nicht gerne mache und dass mir die Sache meist auch auf die Laune schlägt. Man beginnt alles auf Zahlen zu reduzieren und beginnt Sachverhalte via Zahlen zu werten oder eben umzuwerten. Es gibt viele tolle Erlebnisse während eines Jahres. Die einen waren finanziell erfolgreich und die anderen eher nicht. Mit dem (einseitigen) Fokus auf die Zahlen wird das Eine "gut" und das Andere"schlecht". Das Eine sollte man vermehren und das Andere eher vermeiden oder zumindest finanziell attraktiver gestalten. Ehrlich? Ist dem wirklich so? Eine Scheissfrage und eine Scheissbetrachtung.
Daneben hatte ich in den vergangenen zwei Wochen aber auch genügend Zeit um mich etwas treiben zu lassen und um mich um meine geistige Hygiene zu kümmern (oder eben den Zahlenmüll wieder loszuwerden). Wieder einmal in ein paar Büchern zu schmöckern war ganz erfrischend.
Weihnachten ist ja das grösste christliche Fest und als getaufter und konfirmierter Mensch mache ich mir dazu -ob gewollt oder nicht- auch ein paar Gedanken. Ich bin nicht sonderlich religiös aufgewachsen, bin nicht (und war vermutlich auch nie) ein bekennender Christ. Der Alleingültigkeitsanspruch hat mich immer gestört. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass alle Andersgläubigen schlechte Menschen sind und deshalb in der Hölle schmoren werden. Die Idee, dass alle Muslime, alle Hindus, Buddhisten, etc., etc., einem Irrglauben anhängen fand ich schon immer sehr überheblich.
Verstandesmässig stehe ich dem Atheismus nahe, glaube an die Evolution und an die Zufälligkeit des Lebens. Hineingeworfen ohne Plan und mit dem Tod zu Staub werdend. Ganz unbedeutend und ohne jede Vorbestimmung, ohne Karma, ohne Schuld, ohne göttlichen Auftrag und ohne Existenz nach dem Tod. Wie eine Blume zu erblühen, zu verfallen und wieder zu Staub werden.
In den letzten Jahren begann ich jedoch zunehmend meinem Verstand zu misstrauen. Mittlerweile bin ich der Ansicht, dass der Verstand an sich nichts Schlechtes ist, doch dass dieser nichts mit der Realität zu tun hat. Ich denke eher, dass der Verstand unser persönlicher Filter ist, der unserem Hirn eine Art virtuelle Welt zusammenstellt innerhalb derer sich unsere Gedanken zurechtfinden oder zumindest kategorisiert werden. Der Verstand teilt immer auf. Gut und böse, schön und hässlich oder wie oben beschrieben: rentabel und unrentabel, das ist sein Geschäft und das kann er perfekt. Der Verstand kann nicht vereinen und doch ist Einheit das, wonach ich tief in mir suche und strebe. Mich interessieren nicht tausend Einzelteile sondern mich interessiert das grosse Ganze. Verstandesmässig ist dies nicht zu finden.
So gelange ich also wieder zum Glauben. Glauben heisst nicht wissen. Wissen ist Verstand. Glauben ist Verstand plus Gefühl (plus Erfahrung). Dinge annehmen, die über unseren Verstand hinausgehen, die eben noch ganz, noch ungefiltert und ungeteilt sind. Manchmal, in wirklich seltenen Momenten, fühle oder fühlte ich diese Ganzheit, diese Verbundenheit und Integration. Aber eben: nur ganz selten. Meist bin ich zersplittert und alleine, wie ein Sandkorn am Meeresstrand.
Meine bisherige Lebenserfahrung zeigt mir, dass ich mich nicht für ein vorgegebenes Konzept einer Religion entscheiden kann. Meine inneren Zweifel machen solche Versuche immer wieder zunichte. Es genügt mir nicht ein Christ zu sein. Ich will mich auch mit Muslimen oder Buddhisten verbunden fühlen. Ich suche das Eine und nicht einen Teil davon.
Bisher gelernt habe ich, dass ich nicht in der Aussenwelt fündig werde. Meine Sinne und mein Hirn sind zu starke Filter. Ich erkenne stets nur das, was den Weg durch diese Filter schafft und das ist nie das Ganze sondern immer nur ein Teil davon. Ich muss also den Weg nach innen beschreiten, den Weg in die Stille und das mir dafür bekannte Vorgehen heisst Meditation.
Bisher bin ich bei Meditationsversuchen immer gescheitert und habe es jeweils sehr schnell wieder aufgegeben. Im Meer der Gedanken konnte ich höchstens an der Oberfläche schwimmen, jedoch nie eintauchen um die Stille und Ganzheit des Meeres zu spüren. Mein Verstand liess mich nie los und tat die jeweiligen Versuche schnell als unütze Zeitverschwendung ab. Und doch erscheint es mir nach wie vor als der einzige, für mich gangbare, Weg. Meditation braucht keinen Gott und kein Glaubenskonstrukt. Es braucht lediglich etwas Zeit und vor allem Übung und Disziplin.
Deshalb ist dies mein einziger Vorsatz für das neue Jahr. 5 Minuten pro Tag still sitzen. Nicht mehr. Zu Anfang wird dies schon schwer genug sein. Sich still hinzusetzen, zuerst den Atem zählen um die Gedanken zu beruhigen und dann loszulassen. Das sollte möglich sein. Wenn mich meine innere Suche schon so weit treibt, dass ich hier knapp eine Stunde für diesen Blogeintrag investiere, so sollten 5 Minuten bewusste Ruhe möglich sein. Immerhin fühle ich mich reif für einen nächsten Versuch. Irgendwann werde ich bestimmt wieder davon berichten.