Montag, 17. Februar 2020
(3) nach Leonforte
Es begrüsste uns ein stahlblauer Himmel und so nutzte ich die Zeit vor dem Frühstück für ein paar Fotos rund um das Agriturismo Conte Ruggero. Das war eine richtig gute Wahl. Ein wunderschön renoviertes Anwesen, grosse Zimmer und ein hervorragendes Essen. Und auch das Frühstück sollte uns nicht enttäuschen. Frisch gepresster Orangensaft aus hiesigen Tarocco-Orangen, ein Dreiminutenei, hausgemachtes Brot mit Butter, Konfitüre, Käse und Aufschnitt und dazu noch süsse Kuchenstücke. Perfektes Kraftfutter für einen tollen Biketag!👍
Der Beginn unserer Strecke führte einige Kilometer auf einem früheren, rückgebauten Bahntrasse entlang. Wir genossen beste Aussicht in Organgen- Mandarinen- und Zitronenhaine und auch verschiedene Kaktusplantagen. Wobei wir alle nicht so genau wussten, wofür die Kakteen genutzt werden. Schön anzusehen war das aber allemal. Nach etwa 10 Kilometer sahen wir uns dann plötzlich mit unsererm heutigen Adventure-Part konfrontiert. Der Weg war auf überblickbare Distanz völlig unter Wasser. Es war klar, dass hier fahren unmöglich sein wird. Umdrehen wollten wir aber nicht, denn die nächste brauchbare Strasse war doch ein paar Kilometer entfernt. Was tun?
Wir entschieden uns, Schuhe und Socken auszuziehen, uns um den Hals zu hängen und dann barfuss, die Bikes durch den Morast zu schieben. Das war Kneipp- und Fango-Kur in einem 😁. Natürlich hätte man sich ärgern können, doch in solchen Momenten hilft es sehr, das Ganze als Herausforderung zu betrachten, ein paar lustige Fotos zu schiessen und zu wissen, dass uns das sehr lange in Erinnerung bleiben wird😎.
Kurze Zeit später überquerten wir die Staumauer des Lago di Pozillo, dem grössten Stausee Siziliens, und fuhren danach auf der nördlichen Seite entlang des Sees. Eindrücklich war der Eukalyptuswald (habe ich vorher in Europa noch nie gesehen) und die immer wieder tolle Aussicht über den See und die dahinterliegenden Hügel. Gegen Ende des Stausees sahen wir dann erstmals den mächtigen Hügel, auf dessen Spitze die Ortschaft Agira liegt. Wir wussten: Da führt unsere Streckenplanung vorbei. Upps... das wird ganz schön steil... 😏. Lieber also noch eine kurze Pause einlegen und ein paar Snacks aus dem Rucksack essen. Diese Energie werden wir rasch wieder verbrennen.
Zum Glück war die Auffahrt fast vollständig auf einer asphaltierten Strasse und nur wenige Abschnitte waren heftig steil. Am Ortseingang warteten dann die Schnellen auf die nicht ganz so Schnellen, damit die Gruppe wieder zusammen war. Nun waren wir noch etwa hundert Höhenmeter unter dem höchsten Punkt, dem Castello di Agira. Wir konnten direkt hochsehen und schon der Beginn der Strasse zeigte an, dass man nun besser auf ganz kleine Gänge schalten sollte. Das wird nun richtig steil. Doch wenn man schon einmal soweit ist, dann will man sich die herrliche Aussicht von ganz oben natürlich nicht entgehen lassen.
Und: Es hat sich wirklich jeder Schweisstropfen gelohnt! Wir wurden mit einer herrlichen Rundumsicht belohnt und vor allem gegen Osten konnten wir weite Teile der bisher zurückgelegten Strecke sehen. Unten, der Lago di Pozzillo, rechterhand im Hintergrund das Bergdorf Centuripe und ganz im Hintergrund der mächtige Ätna. Das musste man ganz einfach tief in sich einsaugen. Diese Aussicht und diesen Moment werden wir in unserem Leben nie mehr sehen und erleben. Da kann man schon mal dankbar sein...
Nach einem rassigen Downhill runter vom Castello suchten wir dann eine Bar/Pasticceria/Pizzeria im Ortszentrum auf, wo wir auf Parkbänken in der Sonne sassen und uns ausgiebig verpflegten. Wir wussten, es wird im weiteren Verlauf der Tour nun zwar etwas bergrunter gehen, doch der höchste Punkt des Tages liegt noch vor uns. Wir genossen die herrlich warme Sonne und ich bedauerte schon einen kurzen Moment, am Morgen nicht Sonnencreme aufgetragen zu haben 🌞.
Die Weiterfahrt war dann ziemlich knackig. Es ist ja nicht so, dass es nun einfach ein Stück runter und danach hoch zum höchsten Punkt ging. Nein, es geht runter, dann wieder etwas hoch, dann wieder 30 Höhenmeter runter und wieder 50 Höhenmeter hoch und weil hier wohl nie Schnee liegt, können sie die Strassen auch heftig steil bauen. Das war richtig hart und hat viel Substanz gekostet. Die Gespräche wurden weniger und jeder konzentrierte sich nur noch auf sich selbst... und dann der Schocker: knapp 30 Höhenmeter unterhalb des höchsten Punkts fuhren wir vor ein hohes schmiedeisernes Tor, welches natürlich abgeschlossen war. Daran zwei deutliche Schilder "proprieta privata". Mist, da gab es kein Durchkommen 😓. Was tun? Wir konsultierten unsere GPS-Geräte und suchten nach einer Alternative. Wir mussten den grössten Teil des Anstiegs wieder zurück fahren, bis wir auf eine grössere Strasse treffen, von wo wir dann nach Leonforte, unserem Etappenziel, fahren konnten. Jammern hilft nicht und ganz ehrlich, so etwas kann einfach passieren. Eine solche Reise kann man nicht bis ins letzte Detail vorplanen.
Somit war auch klar, dass die "Variante Assoro" ins Wasser fallen wird. Erstens war es zeitlich zu knapp und zweitens führte die neue Route gar nicht mehr an Assoro vorbei. Wobei... so ganz unglücklich waren wir deswegen nicht. Wir waren alle schon ziemlich müde und auf die 200 Höhenmeter hoch in dieses Hügeldorf haben wir gerne verzichtet 😊. Und wir wussten auch, dass Leonforte in einer Talsenke liegt und wir somit nicht mehr mit grösseren Anstiegen rechnen mussten. Eingangs Leonforte erspähten wir eine nette Bar in der Abensonne und so legten wir noch eine Coca Cola Pause ein. Draussen standen Loungemöbel, in die wir fast versunken sind. Keiner wollte wirklich mehr aufstehen 😀.
Hier in Leonforte haben wir ein Appartement gemietet. Die Fahrräder konnten wir sicher in einem Abstellraum einschliessen und die lustige Vermieterin textete uns auf italienisch zu, obwohl wir kaum ein Wort verstanden. Das war wirklich lustig. Es gibt hier drei Schlafzimmer und sehr gut, auch eine Waschmaschine. Wir sammelten also alle verschwitzten Radklamotten zusammen und nun ist die Küche unser Trocknungsraum.
Nachdem alle geduscht hatten machten wir uns auf den Weg um ein Restaurant für ein Abendessen zu suchen. Wenn man gut müde ist, sucht man nicht sehr lange und deshalb wählten wir die erstbeste Pizzeria. Pizza hatten wir bisher ja noch nicht auf unserem Speiseplan. Das hat sich dann als eine gute Wahl erwiesen. Das Lokal an sich war zwar eher rustikal, die Pizzen waren aber gross, gut belegt und vor allem ausgezeichnet lecker 🍽 👍 (und sehr günstig).
Ja, auch das war wieder ein Klassetag! Hier noch der Link zur GPS-Aufzeichnung (52 km. 4:11 Std., 1'328 Hm). Die neusten Fotos habe ich ins Fotoalbum hochgeladen. Hier der Link zu den Bildern des Tages.
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