Dienstag, 25. Februar 2020
(11) nach Ragusa
Es ist nach halb zwölf Uhr nachts. Eigentlich bin ich hundemüde und meine Bikekumpels schlafen schon alle. Vorher habe ich Fotos sortiert und ins Fotoalbum hochgeladen und nun sollte ich noch einen Blogeintrag schreiben... Hmm... Doch dieser Tag war so schön, es wäre schade, wenn ich nun meiner Müdigkeit einfach nachgeben und mich schlafen legen würde.
Remy hatte schlecht geschlafen, war von der vorherigen Tage schon ziemlich müde und neu kamen nun noch Magenprobleme dazu. Als ich beim gemeinsamen Frühstück davon sprach, dass heute vermutlich der Tag mit dem höchsten Off-Road-Anteil der ganzen zwei Wochen auf dem Programm steht, hat er abgewunken. Das wäre einfach zuviel für ihn. Wir konsultierten also die Karte und Remy suchte sich eine Strassenvariante um an unseren Zielort, Ragusa, zu kommen. Wir drei Anderen wollten die Strecke fahren, wie geplant.
Leider stand im Tagesplan auch: "Schon nach Kilometer 1,5 folgt ein knackiger 10% Anstieg mit etwa 130 Höhenmetern. So ganz ohne etwas warmfahren war das schon ziemlich heftig für unsere geschundenen Knochen und Muskeln. Zum Glück sahen wir kurz nach dem Kulminationspunkt dann drei Badewannen am Wegesrand und wir genehmigten uns da ein Wellness-Bad (siehe Fotoalbum).
Danach folgte eine wunderbar schöne Abfahrt. Zuerst mit einer tollen Sicht auf einen Stausee und auf umliegende Hügel und danach in einen immer tieferen Taleinschnitt. Dann wurde die Strecke wiedereinmal unübersichtlich und irgendwann standen wir vor einem grossen Acker, mit losem Geröll und vielen, kindskopfgrossen Steinen. Weiter unten erkannten wir den weiterführenden Weg. Auf dieser Geröllpassage hat sich dann Peter leider hingelegt und sich dabei das Schienbein und das Knie blutig aufgeschlagen. Zum Glück war es nur eine oberflächliche Verletzung, die keine ersthaften Folgen nachsichzieht. Aber uns allen wurde wieder schlagartig bewusst: Auf so einer Reise muss man sehr vorsichtig fahren. Ein etwas heftigerer Sturz und die Reise wäre zu Ende. Ganz unten im Tal kamen wir dann an einen Bach. Im Programm steht "unübersichtliche Bachquerung". Wie wahr. Wir mussten erst mal eine Stelle finden, wo das Wasser nicht mehr als knietief war. Dann also Schuhe und Socken ausziehen, den Bach überqueren und danach wieder alles anziehen.
Es folgte dann eine längere, sehr schöne Auffahrt an der gegenüberliegenden Talflanke. Lange Zeit führte der Weg parallel zum Bach, dann stieg es etwas mehr an, es folgte eine tolle Waldpassage und weiter oben kamen wir zu grossen Weideflächen, mit vielen Kühen und Schafen. Alles in einer fast menschenleeren Umgebung. Da wir das wussten, haben wir am Morgen Proviant gekauft und deshalb gab es heute mal Pausen ganz ohne Cappuccino. In dieser Gegend haben die Bauern früher sehr viele Steinmauern gebaut. Zeitweise erinnert die Umgebung an Schottland oder Irland. Sehr malerisch, sehr ruhig, einfach schön.
Die letzten Kilometer vor dem höchsten Punkt des Tages sollten eigentlich auch einem alten, ausgedienten Bahntrasse erfolgen. Dieses war aber oft sehr stark mit Brombeersträuchern zugewuchert und diese fiesen Stacheln kratzen einem ganz schnell die Arme blutig. Also wichen wir auf die Strasse aus, die glücklicherweise ganz nah war und parallel zu dieser alten Bahnlinie gebaut wurde. Es folgten dann ein paar Kilometer auf einer Asphaltstrasse bergab, bis unser Track wieder auf einen Schotterstrasse abzweigte, die rasch in ein heftiges Geröllfeld überging. Da war einiges an Technik und guter Linienwahl gefragt. Zum Glück ging es bergrunter und so konnte man über viele Stufen und Kanten rollen. Aber eben... aufgepasst!
Die Krönung des Tages war ein mehrere Kilometer langer Singletrail/Wanderweg entlang der Talsohle. Wild überwuchert, teils im Wald, mit viel frischem Grün und technisch ziemlich anspruchsvoll. Das machte richtig Spass! Auch weil wir wussten, dass die letzten Kilometer, hoch nach Ragusa noch ziemlich steil ausfallen werden. Und dann kam wieder so ein Planungsfehler... Wir sollten über eine Brücke fahren und einen Bach queren, doch da war keine Brücke mehr. Absperrungen links und rechts, fünf Meter hohe Fundamente und ein etwa drei Meter breiter Bach. Da gab es keine Chance um an dieser Stelle den Bach zu überqueren... Also: GPS checken und Alternativen suchen. Etwa einen Kilometer weiter unten sollte ein Wanderweg über den Bach führen. Der Nachteil daran, von da führt nur eine uralte Treppe nach oben ins Ortszentrum. Was solls'! Etwas besseres werden wir auf die Schnelle nicht finden.
Die Bachquerung war etwas haarig, doch wir schafften es ohne Schuhe ausziehen und ohne nasse Füsse. Das Bike in einer Hand und dann über ein paar Steine über den Bach gehen ist auch eine spezielle Herausforderung. Danach die vollbepackten Bikes noch gefühlte 300 Treppenstufen nach Ragusa hochtragen ebenfalls... Oben angekommen kamen wir direkt an einen sonnigen Platz und wir wollten schon Remy anrufen um uns zu treffen, da sahen wir ihn auch schon. Er sass gemütlich in einem Strassenkaffee und genoss den späten Nachmittag. Mit seiner Strassenvariante war er über eineinhalb Stunden schneller als wir.
Wer schon einmal in Ragusa war weiss, wie steil diese Stadt ist. Auf einer Seite liegt die Altstadt (Ibla) und auf der anderen Seite die Neustadt. Dazwischen die Talsenke mit dem sonnigen Platz, wo wir aktuell waren. Wir haben uns beraten, wie es weitergehen soll. Ich schlug vor, sofort und mit allem Karsumpel die Altstadt zu besichtigen und danach hoch in die Neustadt zu fahren, wo auch unser B&B ist. Ich wurde aber überstimmt. Zuerst B&B, Toilette, Gepäck abladen und dann Bikesightseeing. OK...
Das hiess konkret. 100 Höhenmeter bis zum B&B, dann 100 Höhenmeter bis ans obere Ende der Neustadt, alles wieder runter und 100 Höhenmeter hoch in die Altstadt. Unsere freie Routenwahl war etwas suboptimal. Wir mussten auch schon mal die Fahrräder ein paar Treppenstufen hochtragen, weil wir keine andere Möglichkeit fanden... Dann wieder in die Senke und wieder 100 Höhenmeter hoch bis zum B&B. Wer vorher noch nicht müde war, der war es nun ganz bestimmt!
Unser Abendessen haben wir dann in einem sehr schönen Restaurant mit lokaler Küche genossen. Ich war so hungrig, dass ich gleich zweimal Pasta bestellte. Danach noch ein Bierchen in einer Bar und dann... siehe ganz oben, am Anfang dieses Beitrags.
Für mich persönlich war dies einer der schönsten Tage dieser Reise. Ich mag viel Off-Road. Die Gegend war unglaublich attraktiv und abwechslungsreich und der Singletrail bis kurz vor Ragusa war dann noch das Sahnehäubchen. Dazu wieder perfektes Wetter. Ein wunderbarer und erlebnisreicher Tag mit guten Freunden geht nun auch für mich zu Ende. (Ups, es ist schon früher Morgen des Folgetags)...
Hier noch der Link zum GPS-Track (54 km., 4:13 Std. 1'315 Hm.) und hier der Link zu den Fotos des Tages.
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Kommentare
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Monika am :
Du hast schon eine tolle Tour geplant! Coole Bilder! Besonders das Bild mit den vier Bikes und Euch auf den Treppenstufen ist der Hammer! Es ist schön zu lesen, wie Ihr jeden Tag durch schöne Landschaften und Dörfer kurbelt und es trotz Anstrengung, Hunden, Wasserlöcher und Geländewidrigkeiten immer wieder schafft und abends fein tafelt. Was für eine Leistung! Hut ab vor Euch allen!