Samstag, 11. Juli 2020
sei still!
Eigentlich ist es eine Schande, wenn man als Rikschafahrer an einem Samstag im Juli keine Buchung vorliegen hat. Aber, Corona macht es möglich...
Am Morgen regnete und gewitterte es oft und so verbrachte ich die Zeit vor dem PC. Gegen Mittag besserte es und ich wollte schon die Bikekleider anziehen, als es erneut dunkler wurde und nochmal ein heftiges Gewitter losbrach. Also doch nicht. Und also war es auch nicht so schlimm, dass ich eben nicht auf der Rikscha sass.
Ich war schon etwas träge geworden und als es nach halb drei Uhr nachmittags abtrocknete musste ich mir einen Ruck geben um doch noch auf eine Bikerunde zu starten. Doch dann geschah magisches... 💫
Die Luft war frisch, der Boden nass, von den Bäumen fielen noch einzelne Regentropfen herunter. Kleine Blumen blühen zwischen den Bäumen. Der starke Regen hat die Kieselsteine auf den Waldwegen frisch sortiert und alte Spuren verwischt. Immer wieder muss ich Weinberg- und Nacktschnecken ausweichen. Schmetterlinge, Mücken und andere kleine fliegende Tiere summen um mich herum und dann sehe ich auch noch zwei Rehe, die am Waldrand grasen. Ausser mir, weit und breit, keine Menschenseele. Natur und Leben in reinster Form.
Ich muss meinen Geist ermahnen um still zu sein. Mein Hirn muss nicht alles benennen und schön finden, das lenkt nur ab. Eine eigentümliche Dankbarkeit durchströmt mich. Es ist, als folge alles einer unsichtbaren Ordnung... nein... das ist alles so unbeschreiblich... was man auch denken, reden oder schreiben würde, es kann höchstens einen ganz kleinen Eindruck dieser vielfältigen Lebendigkeit und Schönheit ausdrücken.
Irgendwann erinnere ich mich an einen Schulfreund, der 1976, als 13-jähriger, bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam. Er war ein Freund und Spielkamerad, den ich oft bewunderte. Er war hübsch, intelligent, sportlich, wohlerzogen und so ganz ohne offensichtliche Probleme. Während ich schon zu dieser Zeit manchen Kampf mit meinen Eltern oder mit Lehrpersonen ausfocht, so konnte er sich ganz mühelos aus all den Scherereinen heraushalten. Ihm schien alles leicht zu fallen. Es war für alle ein riesiger Schock, als dieses junge und verheissungsvolle Leben so abrupt endete.
Sein Tod ist nun schon 44 Jahre her und es gab wohl kein Jahr, an dem ich nicht mindestens einmal an ihn dachte. Und meist geschieht dies in solch überwältigenden und dankbaren Momenten wie heute. Es klingt komisch... irgendwie schenke ich ihm solche Momente. Er hätte sie verdient... und es wärmt mein Herz... Dankbarkeit ist das richtige Wort...
Es war also eine ganz spezielle Bikerunde. Das hatte nichts mit Sport zu tun. Es war eher wie eine Aussöhnung, ein Verschmelzen, ein Aufgehen und Integrieren in die Natur, in das Leben. Millionen einzel erscheinender "Dinge", die alle unsichtbar vernetzt und verwoben sind. Eine einzige, pulsierende Bewegung... ein magischer Organismus... 💫 ... unbeschreiblich...
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