Mittwoch, 10. Mai 2023
abruptes Ende
Wir alle wissen: Es kann immer etwas passieren. Doch durch Wahrscheinlichkeitsberechnungen und Verdrängung bleiben wir dennoch positiv und in Bewegung. Denn in 99,x Prozent der Fälle passiert wirklich nichts und das ist auch gut so. Doch dann gibt es halt auch Tage, an denen man auf diese ,x Prozent trifft...
Wie angekündigt war der heutige Tag regnerisch. Am Morgen noch dieser leichte Nieselregen wie am Montag, doch gegen Mittag wurden die Tropfen zahlreicher und schwerer und das Ganze nahm den Charakter eines Landregens an. Ich trug demzufolge die kurze Regenhose plus die Regenjacke. Zum Glück war es mit +18° Grad noch angenehm warm.
Etwa zweidrittel der heutigen Tagesetappe waren abgefahren, als ich in der Nähe des Bahnhofs von Monsampolo del Tronto vorbeikam. Es regnete ziemlich stark und ich wollte von der Strasse auf den Gehweg hochfahren um grossen Wasserpfützen auszuweichen. Dabei war ich wirklich nicht schnell unterwegs. Ich schätze maximal 15kmh. Da mein Winkel zur Bordsteinkante relativ flach war, rutschte bereits das Vorderrad ein kleines Stück der Kante entlang. Das Hinterrad wollte dann definitiv nicht auf den Gehweg, sondern rutschte der Kante entlang und überholte mich seitlich. Ich machte eine Pirouette und klickte dabei den rechten Fuss aus dem Pedal um mich abzustützen und den Sturz zu vermeiden. Das klappte jedoch nicht und ich ging trotzdem zu Boden. Dabei schlug ich hart mit der rechten Hüfte auf der Bordsteinkante auf.
Ich blieb einen kurzen Moment benommen liegen und aus der nahen Bar kamen gleich zwei Männer und boten mir ihre Hilfe an. Ich musste feststellen, dass ich alleine nicht aufstehen oder gehen konnte. Ich hatte kaum noch Kontrolle über das rechte Bein und heftige Schmerzen in der Hüfte. Die zwei Männer stützten mich und brachten mich zum Aussenbereich der Bar, wo ich mich hinsetzen konnte. Mein Fahrrad brachten sie ebenfalls unter das Vordach. Ich war also aus der Gefahrenzone und bei Bewusstsein, auch wenn mir etwas fad und schlecht war. Zeit also um ruhig zu atmen, mich etwas zu sammeln und zu analysieren wie schwer die Verletzung ist und wie es weitergehen soll.
Nach etwa 10 Minuten versuchte ich aufzustehen. Ich konnte nur das linke Bein belasten. Auftretten auf den rechten Fuss war unmöglich. Ich konnte das ganze Bein kaum steuern und keinen Meter gehen. Ich vermutete, dass ich mir das Hüftgelenk ausgekugelt hatte. Mir wurde klar, dass ich so nicht mehr weiterfahren kann und dass ich mich in ärztliche Behandlung begeben muss. Ich bat also die Dame an der Bar, doch bitte die Ambulanz zu rufen. Das dauerte etwa 30 Minuten, bis ich abgeholt wurde. Die wichtigsten Dinge liess ich mir vom Fahrrad in eine Tasche umladen und das Fahhrad selbst konnte in der Garage der Bar eingestellt werden. Dann machten wir uns auf den Weg ins Ospedale San Benedetto del Tronto.
Spätestens dort wurde mir dann wieder bewusst, wie wenig italienisch ich kann und wie wenig Italiener Englisch oder eine andere Fremdsprache sprechen. Die behandelnden Ärzte hatten Mühe sich an ihr Studium-Englisch zu erinnern und somit wurde bald die DeepL-Übersetzungs-App zu unserem Freund. Nach der üblichen Aufnahmeprozedur ging es zum Röntgen und die Röntgenbilder zeigten nun, dass die Hüfte nicht ausgekugelt ist, sondern dass der Gelenkkopf des Oberschenkelknochens abgebrochen ist. Das ist beinahe undurchblutetes Knochen- und Gelenkmaterial, welches kaum mehr verwachsen und auf natürliche Art heilen wird. Da hilft eigentlich nur noch ein künstliches Hüftgelenk.😨 Ich war geschockt! 😱
So eine Diagnose muss man auch erst einmal verdauen. Ich wurde in ein Krankenzimmer gerollt und nach etwa einer Stunde kamen zwei Ärzte, die mir das Vorgehen erläutern wollten. Ich musste nun ein gosses 🛑 Stopp-Schild 🛑 hochhalten. Moment... Wie lange muss ich in diesem Spital bleiben. Wie komme ich danach zurück in die Schweiz? OP in Italien und ReHa in der Schweiz? Ich weiss nicht... das muss ich mir genau überlegen und mit meiner Frau besprechen. So gleich und sofort wird das also nichts mit einer Operation. Die Antwort war dann, O.K. wir können die OP auch morgen am Vormittag noch durchführen. Also ist erst einmal etwas Zeit gewonnen.
Diese Zeit musste ich nun nutzen um mit Karin einen gangbaren Weg zu suchen und eine Lösung zu finden.
Trackbacks
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Hochwacht 1 = Irchel Genau heute vor einem Jahr bin ich in Italien mit dem Rad gestürzt und habe mir dabei den rechten Oberschenkelhals gebrochen. Den Transport in die Schweiz, die nachfolgende Operation mit dem Einsatz eines künstlichen Hü […]
Kommentare
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Spoony am :
Mein Gott Beat, was für ein Scheiss! So blöd bin ich auch schon am Randstein umgefallen. Leider kann das in unserem Alter ins Auge gehen. Das tut mir sehr leid für dich. Hoffentlich geht die Op gut und du findest den Weg zurück in die Schweiz. In jedem Fall wünsche ich dir alles Gute und viel Kraft und dann wohl noch viel mehr Geduld in der Reha. Liebe Grüsse, Spoony
Beat Post author am :
Hallo Urs
Tja.... Bad things happens...
Glücklicherweise bleibt man meist verschont, doch manchmal, da trifft es eben genau mich.
Nach dem Transport zurück in die Schweiz und der Operation in einem hiesigen Spital, sieht die Welt nicht mehr ganz so düster aus. Es wird bestimmt noch etwas Geduld brauchen, doch die Chancen auf eine vollständige Genesung stehen doch recht gut.
Danke für Dein Mitgefühl.
Beat
Urs am :
Ich hatte schon eine Weile nichts mehr von dir gehört oder gelesen. War heute wieder einmal daran meine Linkliste zu checken und habe das hier gefunden. Tut mir leid, nicht früher reagiert zu haben. Sorry.
Unfälle mit dem Rad im Ausland sind immer irgendwie abenteuerlich. Manchmal braucht man tatsächlich viel Glück und ein paar Schutzengel, bis das ganze wieder in Ordnung ist.
Wie ich lese, kannst du anscheinend schon wieder unterwegs sein, sogar mit dem grossen Kraftaufwand zum Bewegen einer Rikscha. Hoffe für dich, dass das auch bald schmerzfrei wieder möglich ist.
Es scheint ein Phönomen zu sein. In meiner näheren Umgebung von Kunden/Gästen und Bekannten bist du innerhalb von wenigen Monaten bereits der Dritte, der mit einem gebrochenen Oberschenkelhals zu kämpfen hat.
Wünsche dir jedenfalls eine rasche Heilung bis zur vollständigen Genesung,
Urs
Beat Post author am :
Hallo Urs
Tja, wir werden alle älter und die Knochen brüchiger 🙄. Ich hadere etwas mit dem Heilungsfortschritt, doch das ist vor allem im Kopf. Der Körper heilt in seinem eigenen Tempo und ich habe etwas Mühe, mich dem anzupassen. Die Hüfte ist ein grosses Gelenk, welches von vielen Muskeln umgeben und angesteuert wird. Das braucht einfach seine Zeit... Ich hoffe, dass in den nächsten Monaten auch die letzten Beschwerden noch verschwinden werden.
Insgesamt bin ich natürlich dankbar, dass die heutige Medizialtechnik solche Fälle überhaupt behandeln kann. Vor 50 Jahren hätte ich wohl bis ans Lebensende gehumpelt und Schmerzen verspürt. Und heute hört und liest man von vielen Betroffenen, dass sie wieder ganz schmerzfrei werden und vergessen, dass sie mit einem künstlichen Gelenk durchs Leben gehen. 🙏