Montag, 13. Februar 2023
nicht schlecht gelaufen
Die gestrige Wahl ist besser herausgekommen, als ich befürchtet habe. Der Rechtsrutsch ist eigentlich nur minimal. Es war eher ein Mini-Rutsch von Links zur Mitte hin. Man kann sogar sagen, dass die Kantonsratswahl völlig unspektakulär über die Bühne ging. Wenn man die Parteienlandschaft betrachtet, so blieben 174 der insgesamt 180 Sitze unverändert und nur bei deren sechs gab es Verschiebungen.
Wenn man bei diesen minimalen Verschiebungen überhaupt von Verlieren und Gewinnern sprechen will, so wären die Grünen die Verlierer und die Mitte die Gewinner. Doch so simpel ist es nicht. Die Grünen haben bei den letzten Wahlen im Jahr 2019 (ich weiss es nicht mehr genau) mehr als diese drei Sitze hinzugewonnen, die sie nun verloren haben. Und die Mitte ist eigentlich eine neue Partei, die aus den zwei Parteien CVP (Christliche VolksParte (gross)) und BDP (Bürgerlich Demokratische Partei (klein)) entstanden Ist. Die Mitte vereinigte dieses Mal also eine grössere Wählerbasis als 2019. Aber wie gesagt: Die Verschiebungen sind eher kosmetischer Natur. Ich bin zumindest sehr dankbar, dass die SVP nur einen Sitz hinzugewann und die FDP wie 2019 abschloss.
Die Grünen hatten aktuell auch einen schweren Stand. Dass klimapolitische Entscheide nötig sind ist mittlerweile jedem Stubenhocker klar geworden und die aktuellen Krisenherde lenkten zusätzlich von der Klimadebatte ab. Neben Umwelt- und Klimapolitik haben die Grünen nicht sehr viel zu bieten und wohl auch deshalb wanderten ein paar Wähler ab. Und ja, ich gebe zu, ich bin auch Einer davon. 2019 wählte ich Grün, 2023 nun rot (SP).
Die Regierungsratswahlen waren noch ereignisloser. Alle sieben bisherigen Amtsinhaber*innen wurden wiedergewählt. Keiner der etwa 15 neuen Kandidaten hat den Sprung über das absolute Mehr geschafft und somit braucht es auch keine Stichwahlen.
A propos "absolutes Mehr". Laut Zeitung lag das absolute Mehr bei etwa 130'000 Stimmen. Das heisst: aktiv an diesen Wahlen teilgenommen haben etwa 260'000 Personen, die im Kanton Zürich wohnhaft sind. Hier leben jedoch etwas mehr als 1'500'000 Menschen... das heisst: Wenn ein Kandidat von etwa 8,x Prozent der Bevölkerung auf den Wahlzettel geschrieben wurde, so war seine Kandidatur erfolgreich. 🤔
Die Erklärung ist so einfach wie ernüchternd: 28 Prozent der Bevölkerung besitzt keinen Schweizer Pass und ist demzufolge nicht stimmberechtigt. Die jungen Schweizer*innen, unter 18 Jahren, sind ebenfalls nicht zur Wahl zugelassen. Und satten 65 Prozent der Stimm- und Wahlberechtigten geht Politik am Arsch vorbei (und sie enthalten sich der Stimme). Somit bestimmen zum Schluss weniger als 300'000 Menschen über 1,5 Millionen. 🙄
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Kommentare
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Philo.zensus am :
Das sind ja schon enorme Zahlen. 65 Prozent gehen nicht wählen. Ziemlich Ernüchternd!
Warum nur? Sind sie Ignoranten? Ist ihnen das Leben selbst schon schwer genug? Vielleicht denken sie auch nur, dass es die anderen - Wenigen - schon richten werden?!
Obwohl selbst schon schwer geschädigt was den Glauben an das Gute und Wahre im Menschen angeht, möchte ich doch noch hoffen, dass diese enorme Masse nicht nur aus Ignoranten besteht, denn dann müsste man einerseits konstatieren dass das organsieren von Sozialmodellen nicht des Menschen Sache ist und sie lieber unter der Fuchtel von Authoritäten stehen statt ihre Eigenbeteilung einzufordern, aber andererseits auch, dass es geradezu Wunder nimmt, dass diese Wenigen es trotzdem schaffen (mit DEM Personal das sich dafür wählen lässt) ein einigermaßen gelingendes System zu erhalten.
Wenn man also für diese 65 Prozent noch etwas Hoffnung hat, dann die, dass sie vielleicht nur zu reich, zu beschäftigt, zu überfordert, zu langsam, zu eingleisig, zu was-auch-immer sind, und nur einen Stubs benötigen um die eigene Welt zu überwinden und sich wieder mehr für die anderen zu interessieren.
Vielleicht muss man auch nur die Wahlen und das zu Wählende etwas spannender gestalten.
Vorschlag: Zürich könnte es sich doch sicher leisten eine Tombolla mit ausreichend anziehenden Preisen für alle Wählenden zu generieren. Damit hätte man sicher schon 10 Prozent mehr! ™ 🙂
Beat Post author am :
Was soll ich dazu sagen? 🤔
Wohlstandsverwahrlosung? Faulheit? Mangelndes Interesse? Die Idee, dass es "die Anderen" schon richtig machen werden?
Ich weiss es auch nicht.
Wahr ist aber auch, dass wir eine Konsens-Regierung haben und kein System mit Regierungspartei (oder Koalition) und Opposition. Bei uns werden alle Parteien mit mehr als fünf Prozent Wähleranteil in die Regierung miteingebunden. So sind im Kantonsrat aktuell neun Parteien vertreten und Entscheide können nur durch Kommunikation, Absprachen und Konses herbeigeführt werden. Das macht einerseits das System träge, andererseits jedoch auch sehr stabil, denn extreme Anliegen werden kaum je mehrheitsfähig sein. Das heisst: Es müsste sehr grosse Veränderungen in der Parteienlandschaft geben, bis sich eine Seite quasi alleine durchsetzen könnte.
Die Idee mit Anreizen die Stimmbeteiligung anzuheben finde ich gefährlich. Gerade aktuell wird eine Diskussion um "Stimmenkauf" geführt. Das ist sehr heikel. Zudem finde ich es auch valabel, nicht zu wählen oder zu stimmen. Was dann aber meiner Meinung nach nicht geht ist, nicht wählen/abstimmen und danach jammern, dass die Politiker ja nicht auf das Volk hören. Denn wer nichts sagt, kann auch nicht gehört werden.
Ganz pessimistisch denke ich, dass diese (fast immer) schwache Stimmbeteiligung ein Zeichen von Dekadenz ist. Man findet das politische Mitbestimmungsrecht zwar toll, doch anstrengend und irgendwie unnütz... Die Politiker machen ja eh, was sie wollen... 🙄 Doch Vorsicht: Dekadenz kommt oft vor dem Untergang...
Philo.zensus am :
Wie wahr! 😅
Einen Vorschlag habe ich aber noch. Wer wählen geht, bekommt Rentenpunkte. Es zahlt sich am Ende zumindest also aus. Hihi, das wäre was! Und Angst bräuchte man auch keine haben dass deswegen die Leute Unsinn wählen. Denn das machen sie so oder so, völlig unabhängig davon. Und nur wer teilnimmt bekommt eben - in Verantwortung - auch das was er/sie/es eben wählt und damit sind extreme Ausflüge zumindest langfristig eher nicht anzunehmen, denke ich.
Beat Post author am :
Das mit den Rentenpunkten ist eine schöne Idee. Trotzdem finde ich, dass wählen/abstimmen freiwillig bleiben soll. Eine Demokratie funktioniert nur durch mitmachen und wenn irgendwann zu wenige mitmachen, wird sie halt durch eine andere Staatsform abgelöst. Alles ist vergänglich. So ist der Lauf der Zeit.
Letztes.Wort am :
Freiwillig wäre es ja dennoch! Aber für meinen Vorschlag von zusätzlichen Rentenpunkten muß ich hier mein ™ setzen. Bring das doch mal in die Diskussion. Ich wette das gäbe ein fast hundertprozentiges Ja. 😁
Dann gäbe es Tantiemen für mich als Urheber der demokratischen Idee. Und das ... wäre wirklich schön!
Beat Post author am :
Die Krux liegt doch -wie immer- in den Details. Erstens ist hier wählen/abstimmen quasi anonym. Man müsste also erstmal erfassen, wer überhaupt an der Wahl teilgenommen hat. Zweitens; Wie soll denn dieses Punktesystem aussehen? Bei geschätzten 5 Wahlen oder Abstimmungen pro Jahr und einer durchschnittlichen Wählerlebensdauer von 80-20 = 60 Jahren? Was dann in Summe etwas 300 Wahlen oder Abstimmungen ergäbe. Drittens: Wie hoch soll der Zugewinn oder die Belohnung denn sein?
Ja, ich find's eine schöne Idee, doch ich zweifle an der Machbarkeit.
Und zusätzlich glaube ich nicht wirklich, dass ein staatsgestützes Rentensystem noch weitere 100 Jahre aufrecht erhalten werden kann (oder dass man das politisch will). Schon jetzt gehen die Tendenzen zu zwanghaft selbstangesparter Individual-Rente (ohne Umlage-Effekt oder Solidarität).