Montag, 7. März 2022
Götzendämmerung
Auszug aus der heutigen Pressekonferenz des chinesischen Aussenministers Wang Yi:
«Egal, wie tückisch der internationale Sturm ist, China und Russland werden ihre strategische Entschlossenheit aufrechterhalten und die umfassende kooperative Partnerschaft in der neuen Ära vorantreiben»
...
«Die Freundschaft zwischen beiden Völkern ist felsenfest.»
Was soll man dazu noch sagen? China billigt also den Angriffskrieg Russlands auf den unabhängigen Staat Ukraine. Das könnte ja eine Vorlage sein für eine Einverleibung von Taiwan ins chinesische Reich. Ausserdem ist Chinas Wirtschaft energiehungrig und braucht Öl und Gas, welches Russland im grossen Stil liefern kann.
Man kann es drehen und wenden wie man will. Man kommt immer auf die zwei gleichen Kriegsgründe:
- Geld (= wirtschaftliche Macht)
- Religion (= menschliche/seelische Macht)
Das ist schon seit der Steinzeit so und die Menschheit (oder die politische Führung) scheint sich nicht von diesem Verhaltensmuster abbringen zu lassen. Letztendlich geht es immer um Macht. Nicht um Menschlichkeit, nicht um Nachhaltigkeit und auch nicht um das Wohl der Völker, die durch diese Machthaber "vetreten" werden. Die politische Führung ist weitestgehend lernresitent. Und das gilt nicht nur für China und Russland, sondern eigentlich für alle Länder auf dieser Welt. Es scheint also menschlich... 🙄
Und deshalb sehe ich die Zukunft der Menschheit eher düster. Solange wir unser Wertesystem nicht anpassen/verbessern, werden wir z.B. den Klimawandel NIE in den Griff bekommen. Das sind alles nur Lippenbekenntnisse und das sieht man beispielhaft auch in einem anderen Artikel der heutigen Zeitung. Unter dem Titel "Klimapleite in der Corona-Kriese" liest man unter anderem:
Das Bündnis der mächtigsten Wirtschaftsnationen, die G-20, hatte ein riesiges Förderpaket geschnürt, um die Rezession durch die Covid-19-Pandemie abzufedern. Mindestens 14 Billionen Dollar flossen in Wiederaufbauprogramme oder sind budgetiert seit Ausbruch der Pandemie. Nur 6 Prozent – etwa 860 Milliarden – der Fördergelder der G-20-Staaten wurden in Programme investiert, welche die Emissionen der Treibhausgase reduzierten.
Noch Fragen? Zumal das Thema Klimawandel ja eigentlich altbekannt ist (nicht erst seit Greta Thunberg). Ich verweise hier nur mal exemplarisch auf einen Blogbeitrag aus dem Jahr 2007, also vor über 15 Jahren. Wenn selbst mir Dumpfbacke schon seit über 30 Jahren einleuchtet, dass wir -als Menschheit- unser Verhalten ändern und anpassen müssen, so sollte diese Erkenntnis doch mittlerweise selbstverständliches Allgemeingut sein und dann sollten auch Politiker in der Lage sein, solche Zusammenhänge zu verstehen. Aber Nein, man folgt immer nur der Spur des Geldes und der Macht... es ist so traurig (und so langweilig). ☹
So quasi mikroökonomisch habe ich Änderungen in meinem Leben vorgenommen. Ich habe meinen IT-Job an den Nagel gehängt, da ich dort mein Geld mit Vernetzungsprojekten in Billiglohnländer verdient habe. Ich wählte eine menschlich wertvolle Tätigkeit, die keine grossen Ressourcen verbraucht, verkaufte mein Auto und etablierte Fahrräder als mein Hauptverkehrsmittel. In einigen Bereichen betrieb ich downsizing für ein beseres Gewissen. In anderen Bereichen bin ich nach wie vor schlecht, doch ich bin ja auch kein Heiliger, sondern nur ein kleiner Durchschnittsbürger. Und trotzdem habe ich es manchmal satt, dass mich Mitmenschen als Gutmensch, Naivling und Träumer belächeln... ich sehe es einfach als ein kleines bisschen Konsequenz. Mit der Hoffnung im Hintergrund, dass viele Kleine auch Grosses bewirken können.
Doch genau dieser Glaube kommt mir momentan abhanden. Wenn die Grossen nicht wollen, können sich die Kleinen noch lange abstrampeln. Es wird sich doch nichts ändern. Denn die Spielregeln bestimmen die Mächtigen und Demokratie ist meist oft nicht viel mehr als eine Legitimierungsmaschine, eine Mitsprachemöglichkeit aber kein Recht auf Mitbestimmung. Die wichtigen Themen werden in kleinen Machtzirkeln festgelegt. Darüber lässt man Völker oder Bürger nicht abstimmen. Ihnen wirft man unwichtige Themen/Krumen vor, damit sie beruhigt sind und sich wichtig fühlen. Ich bin überzeugt, dass weder eine Mehrheit von Russen noch von Ukrainern einen Krieg wollten. Und ich bin genauso überzeugt, dass die Mehrheit der Bevölkerung der G20-Länder mehr als 6 Prozent der 14 Billionen Dollar in klimafreundliche/-schonende Technologie investiert hätte. Es spielt also nicht wirklich eine Rolle wie man die Staatsform nennt, letztendlich bestimmt ein kleiner Machtzirkel und nicht das Volk oder die Bürger*innen.
Wer diesen Blog schon etwas länger verfolgt weiss, dass ich ein grosser Fan von "totaler Akzeptanz" bin. Ich bin eigentlich davon überzeugt, dass die Dinge richtig sind, genau so, wie sie sind. Sie können gar nicht anders sein als sie sind (denn sonst wären sie anders). Ich weiss auch, dass nichts einen tieferen/inheränten Sinn hat. Alles ist wertneutral und wir geben den Dingen und Sachverhalten erst ihren Wert/Sinn.... denke ich... aber Krieg, Mord und Totschlag... kann man das wertneutral betrachten? Kann man sagen, dass es so sein muss, weil es nicht anders sein kann? Kann man das einfach hinnehmen ohne inneren Widerstand und das Gefühl, es müsste anders sein?
Vermutlich braucht es einen Kniff... wieder eine Rückbesinnung auf sich selbst. Ich finde diesen Krieg nicht gut und muss ihn auch nicht gutheissen. Ich darf mich aber nicht mit Ablehnung, Gefühlen und Ängsten identifizieren. Ich kann mein persönliches Verhalten entsprechend anpassen und z.B. Produkte aus Russland und China meiden und so diese Länder nicht auch noch unterstützen. Ich kann für Ukraine-Hilfe Geld spenden. Solange ich persönlich nicht von diesem Krieg betroffen bin, kann/muss ich nicht mehr unternehmen. Sollte der Krieg näher kommen und mich direkt betreffen, dann ist es Zeit für andere Entscheidungen.
Es ist wahrlich eine schwierige Zeit. Geopolitisch aber auch persönlich...
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Kommentare
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Martin am :
Die Freundschaft zwischen Russland und China ist eine Zweckfreundschaft. Grundsätzlich misstrauen sich beide Regierungen gegenseitig. Russland ist militärisch sehr stark, China ist wirtschaftlich sehr stark. Gerade jetzt wo Russland überall sanktioniert wird, ist die Russische Regierung gut beraten, es sich nicht auch noch mit China zu verscherzen.