Es wird Zeit, wieder mehr Blogeinträge zu schreiben. Ich muss mich wieder vermehrt der Aktualität stellen und weniger irgendwelchen Tagträumereien nachhängen. Das war der Hauptgrund, weshalb es in den letzten Monaten hier so still geworden ist. Ich bin untergetaucht und habe mich versteckt. Vor dieser irrsinnigen Welt und somit wohl auch vor mir selbst... 🙄
Noch weiss ich nicht, wie detailliert ich das nun nacherzählen, respektive erklären will. Ich versuche es mal so:
So Mitte Februar schien sich die Welt gerade so langsam von der Corona-Pandemie zu erholen und wir alle sehnten uns wieder nach einem unbeschwerteren und freudigeren Leben. Doch dann startete Russland den -zumindest für mich- völlig unerwarteten Krieg in der Ukraine. Das hat mich richtig aus der Bahn geworfen und stellte unglaublich viele "Gewissheiten" in Frage. Dieser territoriale Angriffskrieg lag ausserhalb meiner Vorstellungskraft. Ich wusste nicht wie ich reagieren soll und weiss auch heute noch nicht, wie ich geistig damit "am Besten" umgehe. All diese Lügen und an den Haaren herbeigezogenen Rechtfertigungen verstörten mich genau so sehr, wie die Feststellung, dass wir Westeuropäer uns in den letzten Jahrzehnten in die Abhängigkeit solcher Despoten begeben haben. Frieden durch Handel verkehrt sich nun in Erpressung durch Nicht-Handel. Wir alle sind süchtig nach Energie, nach Öl und Gas, und dieses kommt nun mal nicht aus Europa. Dass man nun eiligst Lösungen mit Saudiarabien und Katar sucht um russisches Gas zu ersetzten, macht es auch nicht besser. Man verschiebt die Abhängigkeit höchstens von einer zur nächsten Autokratie mit zwiespältigen Machthabern.
Dann folgten immer schlimmere Nachrichten aus dem Kriegsgebiet und man kam nicht umhin anzunehmen, dass es nur noch darum geht um zu zerstören, zu vetreiben und nichts als verbrannte Erde zurückzulassen. Es gibt keine Regel, die nicht gebrochen wird, es wird völlig unmenschlich vergewaltigt, geplündert und gemordet. Es ist einfach grauenhaft. Ich bin fassungslos und kann mit keiner Faser meines Körpers verstehen, was in den Köpfen der russischen Führungsriege vorgeht.
Je länger sich die Sache hinzieht, desto mehr weitet sich die europäische Ohnmacht aus. Es scheint heute nicht mehr "nur" ein Krieg von Russland gegen die Ukraine zu sein, sondern ein Krieg von autoritären Staaten gegen Demokratien. Es geht nicht mehr "nur" um die Ukraine, sondern man will "den dekadenten und verhassten Westen" entscheidend schwächen. Demokratie ist das Gegenteil einer Schein-Demokratie, einer Autokratie oder Diktatur. Und so sympathisieren andere Autokraten mit Russlands Führer Putin. Chinas Xi Jinping redet immer noch von "völkerverbindender Freundschaft". Die Halb-Europäer Orban und Erdogan spielen doppeltes Spiel und die Araber wollen vor allem im Energiesektor profitieren.
Bisher bietet zumindest die USA Unterstützung für die Ukraine und somit auch für Europa, doch deren Regierung und deren Demokratie steht auch eher auf wackligen Beinen (Trump sei Dank). Es kann also durchaus sein, dass wir am Beginn von weitreichenden Veränderungen stehen und wenn dem so ist, so wird es für uns Europäer wohl richtig eng. Man spricht ja jetzt schon von kalten Wohnungen im Winter (ohne russisches Erdgas) und explodierenden Energiepreisen. Die Inflation ist bereits in ungeahnte Höhen geschnellt und Ökonomen sprechen vom Beginn einer Rezession. Es ist nicht mehr nur ein territorialer Krieg in der Ukraine, es ist ein kontinentaler Krieg um Ressourcen (und Wertesysteme). Und Millionen von Vertriebenen sind genauso Kriegsmittel, wie lokal abgeworfene Bomben. Und wenn im Winter in Nordeuropa wirklich viele Menschen frieren werden, so werden auch hier rechte Populisten Aufwind kriegen, die Sehnsucht nach starken Führern wird zunehmen und Demokratien beginnen zu wackeln (siehe die letzten Wahlen in Frankreich oder die kommenden Wahlen in Italien).
Soviel also zur Ausgangslage. Wie gesagt: Ich weiss nicht, wie ich damit umgehen soll.
Es ergab sich dann Folgendes: Um auf andere Gedanken zu kommen schauten wir abends öfters fern und zwar nicht die Nachrichten und auch nicht Krimis mit Mord und Totschlag. Etwas Sanftes, Friedliches musste her und beim amerikanischen Sender "HGTV - Home and Garden TV" wurden wir fündig. Dort gibt es unzählige Serien von Menschen die ein neues Haus suchen/kaufen (in Alaska, am Meer, an einem See oder wo auch immer). Die Dramaturgie ist meist die Selbe: Es werden von Maklern drei Immobilien vorgestellt und die Kandidaten entscheiden sich dann für eine der Optionen. Natürlich sind sie danach überglücklich und sprechen von der besten Entscheidung ihres Lebens. So schön...
Bald schon begannen Karin und ich darüber nachzudenken, wo wir denn hinziehen würden, wenn Geld keine Rolex spielt. Vermutlich nach Italien ans Meer. Wobei... so direkt am Meer dann doch nicht. Das dürfte zu teuer sein und wenn die Weltmeere dank Erderwärmung weiter ansteigen ist das auch nicht so prickeld. Also eher nahe am Meer, so um zehn Kilometer von der Küste entfernt. Am liebsten ein älteres Gebäude, welches man nach eigenen Vorstellungen renovieren und umbauen kann. Gerne auch mit etwas Land und kleineren Nebengebäuden um ein paar Haustiere zu halten. Hach ja... das wäre schön...
Natürlich gibt es entsprechende Immobilien-Portale im Internet und schon bald durchforsteten wir die schier unendlichen Angebote. Nach einer ersten Euphorie näherten wir uns langsam der Realität an und mussten feststellen, dass wir uns das vor der Pensionierung wohl nicht leisten können. Auch wenn in Italien die Immobilien deutlich günstiger sind als in der Schweiz (wie wohl fast überall). Aber ja, man hat ja auch so seine Vorstellungen und Ansprüche. Aber: Ich war angefixt!
Kein Problem: Ich spiele ein paar Mal Euromillions, knacke den Jackpot, und die Sache ist geritzt! Hmm... Doch nicht. Irgendwie klappt das nicht so einfach mit dem Gewinnen. Ich habe seither zwar regelmässig für kleines Geld mitgespielt, doch mein Verlierergeld wurde zu anderen Siegern umverteilt. Irgendwie wollen die einfach nicht meine Zahlen ziehen.
Das hielt mich jedoch nicht davon ab um in meinem Kopf (und auf Papier) schon mal ein paar Umbauprojekte anzugehen. Von zwei oder drei interessanten Objekten druckte ich mir die Grundrisspläne aus und malte meine Wünsche hinein. Ja, zugegeben, das war reine Weltflucht, reinstes Kopf in den Sand stecken und den Geist mit schönen Dingen beschäftigen. Sollen die Arschlöcher doch die Welt abfackeln. Ich ziehe mich auf meinen kleinen Bauernhof zurück und lebe in Zukunft energieautark. Das alles geht mich einen Scheissdreck an 😜!
Und ja, wie es dann halt so ist, irgendwann erwacht man aus den Träumen und stellt fest: "There is no free lunch!" oder zu Deutsch: "Es gibt nichts geschenkt!" Wenn man solche Ideen ernsthaft verfolgen will, so braucht das Planung, man muss sparen, die Landesprache erlernen und die Dinge langsam aber seriös angehen. Nur mit Träumen wird das nichts.
Ich schäme mich etwas, diese Geschichte hier zu erzählen. Irgendwie peinlich für einen 58-Jährigen. Und doch: Ich scheine diese Traum-Monate gebraucht zu haben. Es half gegen diese Welt-Ohnmacht und dieser Rückzug ins Private hat mir auch vor Augen geführt, dass noch Vieles möglich ist. Und, dass ich nicht für allen Ärger und alles Leid auf dieser Welt verantwortlich bin. Trotzdem scheint es mir wichtig, hier in Zukunft wieder etwas präsenter zu sein. Blogschreiben erdet mich und nicht schreiben ist auch keine Lösung. 😁