Welcher begeisterte Mountainbiker oder sonstwie Radfahrer kennt nicht das folgende Problem: Eigentlich würde man sehr gerne mal mit der eigenen Frau eine schöne Radrunde drehen. Einem selbst gibt das Hobby ja sehr viel und man würde wirklich gerne das eine oder andere schöne Erlebnis mit der Lebenspartnerin teilen. Nur... der guten Frau sagt halt Radfahren nicht wirklich viel. Auch sonst sind sportliche Betätigungen nicht Teil ihrer persönlichen Hitliste... Ein oder zweimal pro Jahr kommt sie dann mir zuliebe mit, doch schon nach wenigen Kilometern wird offensichtlich, dass dies ein reiner Liebesdienst ist, für Sie aber vor allem eine Qual und Tortur. Man müsste blind und gefühlskalt sein um das nicht zu bemerken. Man liebt seine Frau ja und will sie nicht quälen. Es sollte Spass machen und nicht frustrieren. Also lässt man es nach ein paar Versuchen wieder bleiben.
Seit ein paar Jahren sind e-Bikes voll im Trend und nicht wenige meiner Freude haben mir schon erzählt, wie sie nun genüssliche Sonntagsausfahrten mit ihren Frauen auf e-Bikes unternehmen können. Er (ohne Motor) fühlt sich nicht dauernd unterfordert und sie (mit Motor) kann ziemlich locker mitfahren. Win-Win also.
Ich habe Karin nie dazu gedrängt und als vor einem Jahr das Thema mal aufkam, habe ich es eher ignoriert. Nur weil so ein Teil fast von selbst den Berg hochfährt, verschwinden nicht auch Sitzbeschwerden oder schmerzende Hände. Auch mit Elektrounterstützung sollte man eine minimale Freude an Bewegung und Radfahren mitbringen. Ich wollte einfach nicht, dass mehrere tausend Franken in ein e-Bike investiert werden, welches danach trotzdem nur unbenutzt in der Garage steht.
Als dann das Thema wieder aktuell wurde, fragte sie mich nach "was ist gut und was nicht?". Worauf meine ehrliche Antwort war: "Ich habe keine Ahnung." Das eBike-Thema hat mich noch nie interessiert und bis anhin bin ich tatsächlich noch keinen Meter mit so einem Ding gefahren. Ich konnte ihr also überhaupt nicht weiterhelfen. Wobei, für mich war klar: So ein Teil kauft man nicht mal so schnell über Internet, so etwas muss man ausprobieren und probefahren.
Im letzten Jahr wurde in ihrer Firma ein schickes eBike für die Nutzung durch die Büro-Mitarbeiter angeschafft und das war nun heute unser erster eBike-Testkandidat. Natürlich war der Rahmen in Grösse L zu gross für Sie, doch es ging ja einfach mal darum um herauszufinden, wie das mit der Elektrounterstützung so funktioniert, ob Sie sich damit anfreunden kann und ganz generell, ob Sie dadurch eine gewisse Freude beim Fahrradfahren verspüren kann.
Für diese erste Probefahrt haben wir eine eher flache Strecke gewählt. Da merkt man die Unterstützung nicht wirklich gut (ausser, man lässt sich quasi im Turbo-Mode vorwärts schieben). Irgendwann frage Karin, ob wir nicht noch kurz meine Mutter besuchen möchten und dabei sei angemerkt, dass meine Mutter auf einem Hügel wohnt. "Klar! Da kannst Du dann den e-Antrieb mal richtig testen." Gesagt - getan. Die erste Steigung kam und sogleich hat sie mich gnadenlos abgehängt. Das war ein schönes Erfolgserlebnis. Sie wusste genau, wie sie ohne Unterstützung gelitten hätte.
Insgesamt sind wir etwa 25 Kilometer gemeinsam ausgefahren. Natürlich war der Sattel hart und gegen Ende kriegte sie etwas taube Hände. Alles Dinge, die wohl jeder Radfahrer kennt und wo man oft jahrelang Sättel und Lenker testet, bis man die ganz persönlich richtige Kombination gefunden hat. Im heutigen Fall spielte der zu grosse Rahmen bestimmt auch noch eine Rolle. Aber, das würde man so ja auch nicht kaufen.
Laut ihrem Chef, kann sie über die ganzen Osterfeiertage das eBike ausleihen. Der Wetterbericht ist nachwievor gut und ich bin irgendwie gespannt, ob Sie am Sonntag oder Montag noch einmal damit ausfahren will. Ich werde Sie nicht drängen. Dafür sind wir schon zu lange verheiratet...