schwieriger Juni
Wenn es hier länger ruhig bleibt bin ich entweder stark beschäftigt, habe nichts zu erzählen oder... ich möchte in diesem öffentlichen Raum nicht ganz private Dinge ausplaudern, die später auf mich zurückfallen können. Und dann gibt es natürlich auch persönliche Schwächen und Fehltritte, die man nur ungern mitteilt. Man wäre ja gerne ein besserer Mensch, als man wirklich ist. 😏
Nachdem es in den ersten drei Wochen nach meiner Hüftoperation schnelle und grosse Fortschritte zu vermelden gab, kam dann eine Phase der Stagnation und dann wechselten sich gute und schlechte Tage ziemlich regelmässig ab. Es ging mir etwas besser, worauf ich die Belastung erhöhte und prompt ging es darauf wieder schlechter. Ein stetes auf und ab, ohne wirkliche Heilungstendenz. Immer die gleichen Schmerzen an den üblichen Stellen, immer noch die gleichen Bewegungseinschränkungen. Ich zweifelte echt, ob die Physiotherapie überhaupt irgend einen Nutzen hat...
Wobei... Nicht die Physiotherapie war das Problem, sondern ich selbst war/bin das Probem. Es brauchte lange, bis mir das dämmerte. Ich wendete meine, seit Jahrzehnten bewährte, Strategie im Verletzungsfall an: Ignorieren und weitermachen wie bisher. Das hat bei kleineren Blessuren immer gut funktioniert, doch im aktuellen Fall ist das die falsche Strategie und verzögert letztendlich den Heilungsprozess. Ich musste mir eingestehen, dass ich wirklich nicht gesund bin. Dass ich eine ernsthafte Operation hinter mir habe und dass ich mehr auf meinen Körper und dessen Bedürfnisse hören sollte. Wobei wir gleich zum nächsten Problem kommen.
"Wie geht es Ihnen?" - "Wie stark sind Ihre Schmerzen auf einer Skala von 1 bis 10?" - "Beschreiben Sie den Schmerz genauer. Wo? Wann? Wie intensiv?"
Was weiss ich??? Ich habe ein Körpergefühl wie ein Stück Brot 🙄. Ich frage mich nie, wie es meinem Körper geht. Ich bin es gewohnt, dass er funktioniert und üblicherweise schmerzfrei ist. Ich mag es noch nicht einmal, über meinen Körper nachzudenken. Ich bin zeitweise echt erschrocken, wie wenig ich mich um meine physische Gesundheit kümmere und dass mir auch deshalb das Vokabular fehlt um Zustände oder Veränderungen zu beschreiben. Es hat mich nie interessiert. Oder: Es musste mich bisher nie wirklich interessieren, weil ich keine ernsthaften Beschwerden, chronische Leiden oder eben gravierende Unfälle durchleben musste. Auf die Frage nach den Schmerzen ertappte ich mich bei der Antwort: "Ich weiss nicht, ob ich mir die Schmerzen nur einbilde oder ob es echte, körperliche Schmerzen sind. Auf der Schmerzskala ist es vielleicht eine 3 und der Geist bläst es zu einer 6 auf. Ich kann die Frage nicht genau beantworten."
Was ich aber mit Sicherheit weiss ist, dass ich mit Schlafproblemen zu kämpfen habe. Ausgerechnet ich, der so gerne schläft und eigentlich immer gut geschlafen hat. Nun lege ich mich hin und spüre den Druckschmerz an der Hüfte. Für einen Seitenschläfer ist es schon sehr ärgerlich, dass ich fast nur auf dem Rücken liegen kann. Links geht zwar, jedoch nur mit einem Kissen unter dem rechten Knie, damit das Bein nicht einwärts kippt, was die Schmerzen nur verstärkt. Rechts, auf der operierten Seite, ist an Schlaf überhaupt (noch) nicht zu denken, da sind die Schmerzen sofort zu gross. Ich liege also auf dem Rücken, spüre diesen andauernden Druckschmerz und oftmals kommen dann Schmerzen in der Leiste und im Knie dazu. Keine gute Ausgangslage um einzuschlafen... Wenn ich dann mal schlafe, träume ich wildes Zeug, beginne mich im Schlaf zu wälzen und wache prompt mit stärkeren Schmerzen auf. So werden die Nächte lang und die Erholung bleibt ziemlich bescheiden. Es ist ein Trauerspiel.
Und wenn man dann so wach im Bett liegt und feststellt, dass man sich diese Probleme selber einbrockt, weil man schon wieder zu aktiv war, schon wieder zu viel unternahm und dem Körper einfach nicht die nötige Ruhe und Erholung zukommen lässt, dann ärgert man sich ganz schön über sich selbst. Man nimmt sich vor, dass man ab morgen alles besser macht.... Das erinnert mich an den Spruch: "Mit dem Rauchen aufzuhören ist ganz einfach. Ich habe es schon tausendmal gemacht." Ja, genau. Am nächsten Tag erträgt man die Ruhe und Erholung höchstens ein paar Stunden, bis man wieder getrieben wird um irgend etwas zu unternehmen. Wird schon gehen...
Ja, so war mein diesjähriger Juni. Ein Kampf mit mir selbst. Oder gegen mich selbst. Ignorieren und Leugnen hat mich nicht wirklich weiter gebracht und vermutlich würde es mir heute besser gehen, wenn ich mich an all die ärztlichen Anweisungen, von wegen langsam und vorsichtig, gehalten hätte. Tja, manchmal ist es schwierig, sich so zu akzeptieren, wie man eben ist. Und noch schwieriger ist es, sich zu ändern...